1. KAPITEL
Ainsley Voss tippte im Takt eines Migos-Songs auf das Lenkrad, als sie vor der Carter G. Woodson Academy an den Straßenrand fuhr und sich in die Schlange der wartenden Autos einreihte. Es war kurz vor halb fünf an einem Freitagnachmittag, und ihr elfjähriger Sohn Cooper musste jeden Moment herauskommen. Das Baseballtraining endete immer pünktlich, da Coach Tyler Rigsby in dieser Hinsicht pedantisch war und selbst eine Familie hatte, zu der er nach Hause wollte. Ein paar Minuten später strömten Schüler durch die Glastür. Suchend ließ sie den Blick über die Menge schweifen und lächelte, als sie Cooper sah. Sein schmutziges Baseballtrikot glich zwar dem von zehn oder zwölf weiteren Kindern, doch mit seinem seitlich aufgesetzten Basecap und dem hellorangefarbenen Rucksack war er unverkennbar. Er redete mit zwei seiner Teamkameraden und schien Ainsley nicht zu bemerken. Sie wollte schon hupen, ließ es aber, als ihr einfiel, wie er sich beim letzten Mal darüber beschwert hatte.
Als die beiden anderen Jungs weggingen, sah Cooper zu ihr herüber. Er kam zum Auto und stieg ein. Sie sah ihn im Rückspiegel an und sagte: „Hallo Schatz!“
„Hey Ma.“ Er warf den Rucksack neben sich auf den Sitz und schnallte sich an. „Das Training war cool. Ich weiß, dass du mich das fragen wolltest.“
Sie lachte. „Okay. Wie war die Schule vorher?“
„Auch okay. Sozialkunde war total langweilig, aber sonst …“ Betont lässig zuckte er die Achseln.
„Verstehe.“ Langsam fuhr sie los und folgte der Wagenkolonne zur Ausfahrt. Während sie auf den Schülerlotsen achtete, fragte sie: „Gibt es sonst noch etwas?“
Nach kurzer Stille erwiderte er: „Ja, ich brauche ein paar Sachen.“
Ainsley unterdrückte ein Seufzen. Immer wenn Cooper diesen Satz sagte, wusste sie, dass es teuer werden würde. „Okay, ich höre.“
„Naja, erstens hat der Coach gesagt, ich bräuchte neue Sportschuhe, weil die Sohlen langsam abgehen. Dann machen wir in zwei Wochen die Klassenfahrt nach Washington, D.C. Hast du das vergessen?“
Sie bog nach links in den Stadtverkehr ab und zuckte zusammen. „Entschuldige, Coop. Das hatte ich wirklich vergessen. Wie viel kostet das noch mal?“
„So zweihundert, weil wir über Nacht bleiben. Das Geld und das Formular hätte ich eigentlich heute mitbringen sollen, aber Mrs. Rush hat mir bis Montag Zeit gegeben.“
Damit wäre der Mädelsabend dahin. „Noch etwas?“Bitte lass es alles sein. Mein Portemonnaie ächzt jetzt schon.
„Nur noch eines. Kannst du ein bisschen Geld auf mein Streamingkonto laden? Damit ich den neuen Song von Boosie Badazz runterladen kann? Ich nehme auch die jugendfreie Version, versprochen.“
Während sie im dichten Verkehr von Atlanta saß und im Kopf durchrechnete, wie viel ihres schwer verdienten Geldes sie bald loswerden würde, spürte Ainsley ein leichtes Pochen in ihrer rechten Schläfe. „Ich kann ein paar Dollar einzahlen, aber das ist wirklich alles, was ich entbehren kann, Coop.“
„Ach ja, Bryce hat gefragt, ob ich heute mit ins Kino gehen will. Darf ich?“
Bryce Redford, der Sohn ihrer Nachbarn Fitz und Bebe Redford, war Co