Petermännchen. Der geheimnisvolle Zwerg
:
Erika Borchardt, Jürgen Borchardt
:
Petermännchen. Der geheimnisvolle Zwerg
:
EDITION digital
:
9783965213791
:
1
:
CHF 4.40
:
:
Märchen, Sagen, Legenden
:
German
:
77
:
Wasserzeichen
:
PC/MAC/eReader/Tablet
:
PDF
11 überlieferte, besonders schöne Sagen vom Petermännchen, dem Schweriner Schlossgeist, haben die Autoren wunderbar neu erzählt. In einem ausführlichen Nachwort erfährt man mehr über das Petermännchen und mögliche Deutungen der Entstehung der aufgeschriebenen Sagen. Das Buch wendet sich an Kinder und Erwachsene. INHALT: Der geheimnisvolle Zwerg Es spukt im Schloss Eine Ohrfeige für den Mundschenk Die wundersame Rettung der schönen Gartenknechtstochter Ein Wachsoldat schläft Ein derber Denkzettel Das rostige Schwert Das verschwundene Diadem Der fürstliche Essenträger und die Silberschale Die Schlossjungfer am Pfaffenteich Das Geheimnis um die goldene Tuchnadel Nachwort Quellen und Anmerkungen LESEPROBE: Eine Ohrfeige für den Herrn Mundschenk In Gardemins Kopf nistete die Unruhe. Sie ließ ihn auch diese Nacht nicht schlafen. Was konnte es mit dem Männchen bloß auf sich haben? Ob der Hofnarr vielleicht diesen bösen Scherz mit ihm trieb? Unmöglich! Nie dürfte der wagen, sich einem Herren Kammerlakaien gegenüber so ungebührlich zu betragen, obwohl ... So klein war das Männchen vorhin tatsächlich gewesen. Aber es hatte einen langen, spitzen, bis auf die Brust hängenden Bart, während der Hofzwerg einen kleinen Kinnbart trug. Der liebte auch hohe Hüte, das Männchen aber trug eine flache schwarze Kappe auf dem Kopf. Der Hofzwerg kleidete sich auch auffallend farbenprächtig in ein kurzes, meist mit bunten Bändern besetztes Wams. Und das Männchen? Das hatte bloß einen unscheinbaren, schwarzen Rock an. Ob es die gleichen krummen Beine besaß wie der Hofnarr, hatte er nicht erkennen können, der Rock reichte ja bis auf die Füße. Aber vielleicht hatte sich der Giftzwerg nur verkleidet? Und wenn das Männchen nun doch ein Geist war? Und nur die Gestalt eines Zwerges angenommen hatte? Mit Geistern durfte man nicht spaßen und sie keinesfalls anfassen. Nicht einmal ansprechen war erlaubt! Der Lakai wusste ganz genau, Schreckliches passierte denen, die sich nicht daran hielten. Das hatte er schon oft gehört. Mit Krankheit und Elend, sogar mit dem Tode bestraften die Geister, wer sich ihnen fürwitzig in den Weg stellte. Tage und Wochen vergingen. Zum Erstaunen aller ließ Gardemin den Hofnarren in Ruhe. Und dieser sah auch zu, dass er nicht öfter als nötig in dessen Nähe geriet.
Erika Borchardt: Jahrgang 1944, Diplom-Kulturwissenschaftleri Fachverkäuferin für Lebensmittel, als Lehramtsanwärterin kombiniertes Direkt- und Fernstudium für Mathematik und Technisches Zeichnen, danach im Kulturbereich tätig und vier Jahre Fernstudium der Kultur- und Leitungswissenschaft sowie weitere fünf Jahre Fernstudium der Kulturwissenschaft. War über ein Jahrzehnt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Schlossmuseum Schwerin. Mitbegründerin des Kulturvereins Sagenland Mecklenburg-Vorpommern e. V. Autorin von wissenschaftlichen Arbeiten zur mecklenburgischen Kulturgeschichte und mehreren Erzählbüchern, vor allem mit Petermännchen-Geschichten. Daneben Hör- und Puppenspiele sowie ein Bühnenstück. Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann Dr. Jürgen Borchardt. Bibliografie: Wie Petermännchen zu Hut und Stelzen kam Petermännchen. Der verwunschene Prinz Mecklenburgs Herzöge Petermännchen. Der Poltergeist Petermännchen. Der Schweriner Schlossgeist Petermännchen. Der geheimnisvolle Zwerg Der habgierige Fischer. Puppenspiel Bei Petermännchen zu Gast. Hörspiel Das Geheimnis der Felsengrotte Im Paradies des Verkehrsteufels. Ein Bühnenstück für Kinder Schloss Basthorst. Architektur und Geschichte Das sagenhafte Schwerin Sagenhafte Orte. Um den Schweriner See Zwei Kahnschnecken voller Gold. Sagengeschichten aus Pinnow, Godern und Raben Steinfeld Jürgen Borchardt Jahrgang 1944, Dipl.-Germanist und Anglist, Dr. phil. War Leistungssportler, Beton- und Straßenbauer. Arbeitete nach dem Hochschulstudium als Philosoph, Journalist sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Landesbibliothek Schwerin. Ehrenamtlich in der Filmklubbewegung der DDR sowie im Kulturbund tätig. Vorsitzender des Kulturvereins Sagenland Mecklenburg-Vorpommern e. V. Autor und Herausgeber von Geschichten sowie literatur- und kulturhistorischer Arbeiten über Mecklenburg. Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Erika Borchardt. Bibliografie: Mecklenburgs Herzöge Petermännchen. Der Schweriner Schlossgeist Petermännchen. Der geheimnisvolle Zwerg Zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Protokolle von Gesprächen mit Zeitzeugen aus Schwerin 1945-52 Schloss Basthorst. Architektur und Geschichte Das sagenhafte Schwerin Sagenhafte Orte. Um den Schweriner See Zwei Kahnschnecken voller Gold. Sagengeschichten aus Pinnow, Godern und Raben Steinfeld
Eine Ohrfeige für den Herrn Mundschenk In Gardemins Kopf nistete die Unruhe. Sie ließ ihn auch diese Nacht nicht schlafen. Was konnte es mit dem Männchen bloß auf sich haben? Ob der Hofnarr vielleicht diesen bösen Scherz mit ihm trieb? Unmöglich! Nie dürfte der wagen, sich einem Herren Kammerlakaien gegenüber so ungebührlich zu betragen, obwohl ... So klein war das Männchen vorhin tatsächlich gewesen. Aber es hatte einen langen, spitzen, bis auf die Brust hängenden Bart, während der Hofzwerg einen kleinen Kinnbart trug. Der liebte auch hohe Hüte, das Männchen aber trug eine flache schwarze Kappe auf dem Kopf. Der Hofzwerg kleidete sich auch auffallend farbenprächtig in ein kurzes, meist mit bunten Bändern besetztes Wams. Und das Männchen? Das hatte bloß einen unscheinbaren, schwarzen Rock an. Ob es die gleichen krummen Beine besaß wie der Hofnarr, hatte er nicht erkennen können, der Rock reichte ja bis auf die Füße. Aber vielleicht hatte sich der Giftzwerg nur verkleidet? Und wenn das Männchen nun doch ein Geist war? Und nur die Gestalt eines Zwerges angenommen hatte? Mit Geistern durfte man nicht spaßen und sie keinesfalls anfassen. Nicht einmal ansprechen war erlaubt! Der Lakai wusste ganz genau, Schreckliches passierte denen, die sich nicht daran hielten. Das hatte er schon oft gehört. Mit Krankheit und Elend, sogar mit dem Tode bestraften die Geister, wer sich ihnen fürwitzig in den Weg stellte. Tage und Wochen vergingen. Zum Erstaunen aller ließ Gardemin den Hofnarren in Ruhe. Und dieser sah auch zu, dass er nicht öfter als nötig in dessen Nähe geriet. Der Herbst ging ins Land. Die Tage wurden kürzer, die Nächte kühler. In den Spinnstuben erzählten die Mägde Geschichten, während die Spinnräder surrten, vom Wilden Jäger und der Weißen Frau, von Hexen und Kobolden ging die Mär. Manche flüsterten, auch im Schloss spukte es. Niemand vermochte mit Gewissheit zu sagen, von wem er die Kunde vernommen. Ein kleines Männchen von geheimnisvoller Herkunft wäre dort gesehen worden. Es soll doch tatsächlich dem hochnäsigen Kammerlakaien Gardemin vor dessen Augen eine Lammkeule gestohlen haben! Zuvor hätte es ihn mit Blicken gelähmt, so dass ihm alles Blut aus dem Kopf entwichen und er leichenblass und unfähig gewesen wäre, auch nur einen Finger zu rühren. Danach habe er tagelang vor Angst geschlottert, dass man eine Meile weit seine Zähne hat klappern hören. Geschieht ihm ganz recht, sagten sie. Endlich erhält er mal seine Strafe. Wer aber mochte diese Kühnheit besessen haben? Doch wohl nicht der Hofzwerg!? Eine weißhaarige Alte konnte sich dunkel erinnern, von ihrer Muhme vernommen zu haben, dass schon seit grauer Zeit ein Geist das Schloss hüte. Ob er sich nun wieder den Menschen zeige? Sie wusste zu berichten, immer dann, wenn jemand im Schloss Unrecht tat, würde es dort gewaltig rumoren. Auch jetzt hätte man es des Nachts so schrecklich poltern hören, dass keiner ein Auge zutun könnte. 'Das war ganz gewiss wieder der Schlossgeist, das könnt ihr mir glauben.' Die Herren des Hofes trafen sich jetzt wieder früher und häufiger als in den Sommernächten. In einem der gemütlichen Kaminzimmer tranken sie dann ein Gläschen Wein. Manchmal wurden es auch zwei oder deren drei. Nicht selten zechten sie bis weit nach Mitternacht. So konnte es schon mal vorkommen, dass der Wein nicht reichte. Da musste dann der Mundschenk noch einmal in den Keller, um weitere Flaschen zu holen. * Es war eine nasskalte, stürmische Novembernacht. Mit sauertöpfischer Miene stand der Mundschenk in angemessener Entfernung zur erlauchten Runde und wartete. Die Herrschaften schienen heute wieder kein Ende zu finden. Wie gewöhnlich bei solch vorgerückter Stunde schenkten sie sich selber ein. In immer kürzeren Zeitabständen waren die Gläser geleert. Manch einer trank schon aus der Flasche. Gardemin ahnte, was da wieder auf ihn zukäme. Daher seine mürrische Laune. 'Geh! Hol Wein!' wurde er tatsächlich zu mitternächtlicher Stunde angefahren. 'Ein bisschen plötzlich! Oder sollen wir dir Beine machen? Und vom Besten! Hast du verstanden?' Kerzengerade hatte der Mundschenk gestanden. Nun klappte er wie ein Taschenmesser halb zusammen. Eilfertig murmelte er rasch: 'Sehr wohl. Ganz zu Diensten. Wie es den Herren beliebt.' Und untertänigst lächelnd und dienernd verließ er rückwärts den Raum. Kaum war er aus dem Blickfeld der Herren, da verzog sich sein Gesicht zu einer Grimasse. 'Elende Säufer! Ersticken sollen sie an dem Wein!' fluchte er vor sich hin. Wü