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Ende 1959 war ich Doktorand in Geschichte an der University of Colorado, als Bobby Kennedy dem Westen einen Kurzbesuch abstattete auf der Suche nach Leuten, die seinen Bruder vielleicht gern als Präsidentschaftskandidaten gesehen hätten. Zwar war ich damals erst einundzwanzig und nominell Sozialist, stellte aber eine Organisation auf die Beine, die sich Republikanische Studenten für Kennedy nannte. Sie machte eine Menge Lärm, aber nicht genug, um zu verhindern, daß John Kennedy bei der Wahl 1960 Colorado mit fast 62 000 Stimmen verlor. Ich bin kein Sozialist mehr. Nach zwölf Jahren bei der Regierung betrachte ich mich als Anarchisten.
Aber die Kennedys, die andächtig an die Ämterpatronage glaubten, waren mir für meine Bemühungen dankbar gewesen, und deshalb wurde ich nach Washington eingeladen. Als ich Anfang Februar 1961 eintraf, wußte niemand so recht, was man mit mir anfangen sollte, weshalb sie mich für 50 Dollar am Tag zu einem Berater machten und einer Abteilung zuwiesen, die Food for Peace hieß und aus einer kleinen Suite im alten Executive Office Building neben dem Weißen Haus von einem jungen Ex-Kongreßabgeordneten namens George McGovern betrieben wurde, der auch nicht so recht wußte, was er mit mir anfangen sollte.
Da ich angehender Historiker war, wurde irgendwann beschlossen, es wäre doch nett, wenn ich eine historische Aufzeichnung ab dem Zeitpunkt machen würde, an dem die erste Lieferung von Food for Peace Baltimore mit angemessenen Fanfaren verließ, bis zu dem Moment, in dem sie in den Bäuchen jener landete, deren Herz und Verstand sie bestimmt für die Sache der Demokratie gewinnen würde. Ich glaube, 1961 waren alle noch ein bißchen naiv.
Die erste Lieferung von Nahrungsmitteln waren 300 Tonnen Weizen, bestimmt für die Bäuche der Einwohner eines jener Länder an der Westküste Afrikas, die gerade zweihundert Jahre britischer Kolonialherrschaft abgeschüttelt hatten. Ein Drittel des Weizens verschwand noch am Tag, an dem er ausgeladen wurde, auf dem Schwarzmarkt. Der Rest löste sich einfach in Luft auf, um ein paar Wochen später wiederaufzutauchen, als ein holländischer Frachter unter liberianischer Billigflagge in Marseille vor Anker ging.
Rund sechs Wochen danach trugen ausgewählte Elitetruppen der Armee des neuen afrikanischen Staats die in Frankreich hergestellten Maschinenpistolen MAT 49, Kaliber 9 mm, und ich sorgte dafür, daß ein paar verdammt gute Fotos von ihnen gemacht wurden, die ich zusammen mit meinem 129-Seiten-Bericht einreichte, dem ich den Titel gab: »Wohin der Weizen ging, oder Wie viele 9-mm-Patronen pro Scheffel?«
Danach