: Gerben Hellinga
: Dollars Sid Stefan in Amsterdam
: Alexander Verlag Berlin
: 9783895812293
: 1
: CHF 4.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Schauplatz Amsterdam, 1966. Werbetexter Sid Stefan liebt Geld, Frauen, Alkohol und perfektgeschnittene Anzüge. Nach zwei Jahren Knast und monatelanger Auszeit in Spanienund Schweden kehrt er nach Amsterdam zurück. Er trifft auf alte Bekannte und Liebschaften,u. a. auf die hübsche Stewardess Jeanette, die dubiose italienische Kontakte pflegt.Als er sie eines Tages tot in ihrer Wohnung vorfindet, macht er sich auf die Suche nachihrem Mörder und wird selbst zum Gejagten.Der unwiderstehliche Reiz der Sid Stefan-Reihe liegt in ihrem fesselnden Stil, dem subtilenHumor und dem Charakter der Hauptfigur: Der absolute Nonkonformist Sid Stefanlebt am Rand der Illegalität, wird stets in kriminelle Sachen hineingezogen, aus denen ersich mit viel Erfindungsreichtum und, wenn nötig, brachialer Gewalt herausziehen muß,um sich zu retten. Er ist der Typ des Rebellen, der vor keiner riskanten Sache zurückschreckt:der typische Held der sechziger Jahre.

Gerben Hellinga, geb. 1937 in der Schweiz und aufgewachsen in den Niederlanden, ist einer der bekanntesten Krimiautoren und Dramatiker in den Niederlanden. Nach einem Schauspielstudium am Max-Reinhardt-Seminar in Wien arbeitete er als Schauspieler u. a. in Berlin und Amsterdam. 1966 erschien mit Dollars sein erster Kriminalroman um Sid Stefan, dem drei weitere Bände folgten. Für den letzten wurde ihm der 'Gouden Strop', der bedeutendste niederländische Preis für Kriminalliteratur, verliehen. Neben seinen Krimis verfaßte Hellinga mehrere Theaterstücke, Romane und Drehbücher und arbeitete als Theaterkritiker. Er lebt in Amsterdam.

Nachdem uns eine Bodenstewardess mit aufgesetztem Lächeln zu einem gläsernen Ausgang geleitet hatte, mußten wir noch geraume Zeit auf den Bus warten, der uns zum Flugzeug bringen sollte. Leute, die auf irgendwas warten müssen, mustern gern die anderen um sich herum, habe ich festgestellt. Ich mache das auch immer. Abwesend ließ ich den Blick über meine Mitreisenden schweifen und sie über mich und einander. Es war warm. In Glasbauten bleibt immer so eine müde, alte Wärme hängen, wenn lange die Sonne darauf geschienen hat. Die nordische Septembersonne stand schon wieder tief am wolkenlosen, babyblauen Himmel. Sie spiegelte sich in den silbernen Flugzeugen, die friedlich nebeneinander schliefen.

Ich glaube, es fliegen immer die gleichen Leute mit. Der dunkelhäutige Mann mit rosa Turban zum Beispiel. Und die vier in Zellophan verpackten amerikanischen Touristen mit nahtloser Brille und künstlichem Gebiß, deren Ältester meist Parkinson hat. Auch die zwei gut rasierten jungen deutschen Geschäftsmänner mit Ansatz zu Speckfalten im Nacken fehlen nie, genauso wenig wie die hübsche junge Frau, die ihre verweinten Augen hinter einer Sonnenbrille zu verbergen versucht, und der schmierige Typ mittleren Alters, der sie anquatscht. Immer ist...

Mit einem Mal wurde mir bewußt, daß ich mich schon viel zu lange in die dunklen Augen eines italienischen Mannequins versenkt hatte, das ein Stück weiter weg mit einigen tuschelnden Kolleginnen zusammenstand. Fünf Köpfchen mit glattem, schwarzem Haar, fünf in Pastellfarben gehüllte, spindeldürre Leiber auf zehn langen Stelzen. Perfekt geschminkt, perfekt gekleidet, die richtigen Taschen, die richtigen Schuhe, Schals, Gürtel, Portemonnaies, Feuerzeuge...Männer.

Die meisten Männer stehen nicht auf Mannequins. Sie sind ihnen zu unabhängig und zu dünn, und daß sie so perfekt gebaut sind, macht ihnen Angst. Mir nicht. Ich mag diese Perfektion. Auf mich üben die in den Versuchsküchen der großen Modeblätter gekochten und gebackenen Frauen eine gewaltige Anziehungskraft aus.

Erst Minuten später registrierte ich, daß ich immer noch nicht aus den Tiefen dieser Augen aufgetaucht war, und jetzt schauten alle fünf Mädchen amüsiert zu mir herüber. Ich wandte mich rasch ab und bemerkte dabei, daß nicht nur sie, sondern sämtliche Mitreisenden mich angafften. Hatte ich etwa laut vor mich hin geredet? Ich tat, als starrte ich gedankenverloren auf das leere, weiße Rollfeld hinaus, und betrachtete mein Spiegelbild in der Glastür.

Kein Wunder eigentlich, daß alle guckten, ich fiel schon ein bißchen aus dem Rahmen.

Erstens bin ich groß, größer als die meisten anderen. Sogar in Schweden war ich aufgefallen. Ferner habe ich fast silberblondes, ziemlich wild wucherndes Haar, das mir in die Stirn fällt und im Nacken meistens viel zu lang ist. Meine Augen sind im Gegensatz zu den hellen Haaren pechschwarz. Mein Gesicht – zu der Zeit rostbraun gebrannt – ist hager und knochi