2
Dill stand an einem der hohen, vom Fußboden bis fast zur Decke reichenden Fenster, die die Nordseite seines Wohnzimmers säumten, und beobachtete den alten Mann mit der Polaroidkamera dabei, wie er ein Foto der blauen Volvo-Limousine machte, die kurz vor der Ecke 21st und N Street falsch geparkt war.
Der alte Mann war der Besitzer eines leerstehenden vierstöckigen Apartmenthauses in der Straße gegenüber von Dills Fenstern. Vor geraumer Zeit hatte der alte Mann das gallegrüne Gebäude an den Stadtbezirk zur Durchführung eines Programms vermietet, in dessen Verlauf sich die Wohnungen mit Drogensüchtigen gefüllt hatten, die versuchten, von ihrer Sucht loszukommen. Nachdem die Mittel für das Programm erschöpft gewesen waren, waren die Süchtigen wieder ausgezogen – niemand wußte genau, wohin – und hatten einen Sack voll Zeichnungen zurückgelassen, die vom Müllwagen gefallen und durch die Nachbarschaft geweht worden waren.
Dill hatte eine der Zeichnungen aufgehoben. Sie war mit verschiedenen Buntstiften in grellen Primärfarben angefertigt und anscheinend das Selbstporträt eines der Junkies gewesen. Das Blatt hatte ein purpurfarbenes Gesicht mit runden Augen, in die Kreuze eingezeichnet waren, und einem großen grünen Mund mit Fangzähnen gezeigt. Die Zeichnung hätte von einem aufgeweckten Erst- oder Zweitkläßler stammen können. Unter dem Gesicht stand in mühseligen Druckbuchstaben: ICH BIN EIN NUTZLOSER VERDAMMTER JUNKEI. Dill fragte sich manchmal, ob die Therapie geholfen hatte.
Nachdem die Drogensüchtigen ausgezogen waren, wohnte der alte Mann allein in dem Haus und weigerte sich, es zu verkaufen oder zu vermieten. Seine Beschäftigung bestand darin, Polaroidfotos von den Autos zu machen, die verbotenerweise davor parkten. Er wählte bei seinen Schnappschüssen die Perspektive so, daß sowohl das Parkverbotsschild als auch das Nummernschild des Autos zu sehen waren. Mit seinem Beweisstück in Händen rief der alte Mann dann die Cops. Manchmal kamen sie; manchmal nicht. Dill beobachtete den Alten oft bei der Arbeit und bewunderte seine Wut.
Dill wandte sich vom Fenster weg, schaute nach unten und entdeckte, daß er eine leere Tasse samt Untertasse in der Hand hielt. Er konnte sich nicht erinnern, den Kaffee gemacht oder getrunken zu haben. Langsam durchquerte er das Zimmer in Richtung Küche – ein hochgewachsener Mann mit dem schlanken, wohlgebauten Körper eines Läufers, einem Körper, für den er praktisch nichts getan, sondern den er von seinem verstorbenen Vater zusammen mit dem scharf geschnittenen, beinahe häßlichen Gesicht geerbt hatte, das alle männlichen Dills seit 1831 an ihre