2. Wer hat wann, wo und warum mit dem Schreiben angefangen?
Wenn man davon ausgeht, dass der Schriftgebrauch die Möglichkeiten der Informationsspeicherung enorm erweitert hat und dass höhere Kulturentwicklung von der Verwendung dieser Informationstechnologie abhängig ist, stellt sich die Frage, wer wann von dieser Technologie erstmals profitiert hat.
Wer besaß zuerst Schrift und wer kontrollierte Wissen?
Dieökologischen Bedingungen der Schriftverwendung sind in den Zivilisationen der Antike grundlegend andere als in der Neuzeit. Wir sind heute daran gewöhnt, dass neue Informationstechnologien ihren eigentlichen Nutzen entfalten, indem sie einer breiten Bevölkerung zugänglich sind. Genau dieser Aspekt der Breitenwirkung war in der Antike unbekannt. Der Schriftgebrauch stand in keiner der alten Zivilisationen im Dienst einer Verbesserung des Informationsflusses oder einer Anhebung des Bildungsstandes bei breiten Bevölkerungsschichten.
In allen archaischen Zivilisationen hatte der Schriftgebrauch elitäre Züge, denn die Schrift wurde von Spezialisten für spezielle Zwecke verwendet. Die traditionelle Schriftforschung weiß davon zu berichten, dass der Schriftgebrauch im Dienst staatlicher Institutionen stand, denn nach herkömmlicher Auffassung war die Entstehung der alten Zivilisationen ursächlich an den Aufstieg machtpolitischer Zentren und damit an eine frühe staatliche Ordnung lokaler Gesellschaften gebunden. Diese Verhältnisse treffen in der Tat auf die Entwicklung im Alten Orient zu.
Heute gilt aber die Annahme alsüberholt, dass das mesopotamische Zivilisationsmodell mit seiner frühen Staatsbildung gleichsam der Prototyp für alle Experimente mit zivili