Seit Beginn meiner Arbeit als Dramatiker beschäftigt mich die Frage, wie ich den Textbegriff, den Autorenbegriff erweitern kann, welche Möglichkeiten es gibt, die Definition davon bzw. das Verständnis dafür, was ein Text, was ein Stück, was Autor*innen für das Theater sein können, weiter zu fassen und immer wieder mit jeder Arbeit neu zu definieren.
In den Jahren 2003 und 2004 konzipierte ich als Antwort auf einen Stückauftrag für die Berliner Schaubühne unter dem TitelDas System ein dramatisches Forschungslabor. Ich wollte nicht »das eine Stück« zu einem Thema liefern. Ich wollte stattdessen forschen, unterschiedliche Künstler*innen und Wissenschaftler*innen mit Schauspieler*innen zusammenbringen und während dieser Zeit Abende konzipieren, Texte schreiben oder Videoarbeiten und Texte anderer Autor*innen präsentieren, Fachleuten ein Forum bieten – und natürlich auch Theatertexte schreiben und aufführen: Statt des einen Stückes wollte ich unterschiedliche Abende, an denen auch ich jedes Mal anders in Erscheinung trete: als Autor, wie beiElectronic City, das Tom Kühnel inszenierte, als Autor/Regisseur beiUnter Eis, als eine Art Ausstellungsleiter beiAmok/Weniger Notfälle30, wo ich Kurzdramen des englischen Autors Martin Crimp übersetzte und inszenierte und Arbeiten bildender Künstler*innen gegenüberstellte, oder als Co-Autor und Regisseur, wie beiHotel Palestine31–einem Textprojekt, das ich gemeinsam mit Marcel Luxinger und den Schauspieler*innen während der Proben entwickelte und das durch die kurze Probenzeit von drei Wochen sehr dicht am aktuellen politischen Geschehen lag. Darüber hinaus gab es Abende, an denen wir Filme zeigten, Autor*innen, die mich beeinflusst hatten, zu Lesungen einluden, Videoarbeiten, Hörstücke, Vorträge präsentierten – es ging also darum, den Entstehungsprozess eines politischen Stücks offenzulegen und das Material ebenso wie das Endprodukt (also die Theaterinszenierung) zugänglich zu machen.
Nach dem 11. September änderte sich der Blick, den die Menschen im Westen auf ihr eigenes System hatten. Es herrschte ein diffuses Gefühl, so gut wie keine relevanten Informationen zu bekommen. Die unverblümte Kriegsmobilisierung à la »wir verteidigen in Afghanistan unsere Art zu leben« verwirrte. Nachdem Bush an die Macht gekommen war, änderte sich die amerikanische Außen- und Innenpoliti