: Andreas Heinzel
: Eine Stadt dreht durch Frankfurter Short Storys
: mainbook Verlag
: 9783948987206
: 1
: CHF 4.50
:
: Comic, Cartoon, Humor, Satire
: German
: 250
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Frankfurt ist eine Satire wert. Oder auch ein Dutzend. Ein Ei, das Frankfurt ganz nach vorne bringt. Ein Jahrhunderttalent, das keines sein will und ein Abgeordneter, der sich um Kopf und Kragen redet. Ein Autokauf, bei dem jeder mitreden will und eine Callcenter-Stimme, der keiner widerstehen kann. Ein Sarg zum Geburtstag, Straßenschlachten vor dem Parkhaus, ein Bruderzwist, bei dem keiner klein beigibt und vieles andere mehr. Kleine und große Großstadtdramen. Lustig, böse und bisweilen ganz schön schwarz.

Andreas Heinzel wurde 1962 in Frankfurt am Main geboren. Nach dem Studium und einer langen Karriere als Texter, Sprecher und Kreativdirektor veröffentlichte er 2016 seinen Debütroman Die Monarchos. Mit der schrägen Provinzposse Herr Neumann will auf den Olymp folgte drei Jahre später sein zweiter satirischer Roman. Zum dritten und vierten Teil der Anthologie 'Ein Viertelstündchen Frankfurt' trug er Kurzgeschichten bei und initiierte 2020 gemeinsam mit Susanne Reichert und Meddi Müller das literarische Online-Projekt 'Der Nächste, bitte!', an dem sich siebzehn bekannte Autorinnen und Autoren beteiligten. Mit Eine Stadt dreht durch legt er nun seinen ersten Band satirischer Short Storys vor. Andreas Heinzel hat zwei Kinder und lebt mit seiner Frau in Frankfurt.

Bereits vor Jahren, nein, vor Jahrzehnten hatten mein Mann und ich aufgehört, uns etwas zu Weihnachten zu schenken. Wir waren in der glücklichen Lage, uns alles kaufen zu können, sollten wir denn einen Wunsch hegen, doch derlei passierte schon lange nicht mehr. Im Grunde hätten wir auch die Schenkerei zu den Geburtstagen einstellen können, doch aus unerfindlichen Gründen behielten wir es bei. Joachim bekam von mir meist etwas Nützliches, das er gewohnt unangemessen hektisch auspacken durfte. Etwas, das er möglicherweise sogar gebrauchen konnte, eine digitale Körperwaage oder einen elektrisch betriebenen Rasenmäher, während er mir im Gegenzug im Laufe des Geburtstags eine der Karten überreichte, die er zu Dutzenden in seinem Schreibtisch hortete. Darauf war ein Blumenstrauß vor einer Wiese zu sehen und handschriftähnlichAlles Gute zum Geburtstag aufgedruckt, sodass er auf der Innenseite nur noch mitJoachim zu unterschreiben und einen Hundert-Euro-Schein beizulegen brauchte.

„Kauf dir etwas Schönes, Ursula“, sagte er, während er mir den Umschlag in die Hand drückte, und variierte diese Empfehlung auch nur sehr selten. Ich bedankte mich mit ähnlich gleichförmigen Worten, begab mich ins Schlafzimmer in der oberen Etage, zog den Geldschein heraus und legte ihn zu den anderen, die sich gleich hinter der Bibel in der Schublade meines Nachttischs stapelten. Bestimmt hatte ich inzwischen mehr als zweitausend Euro angehäuft, die ersten Geldgeschenke musste ich nach der Jahrtausendwende noch in die neue Währung umtauschen. Ohne dass mein Mann es bemerkte, wollte ich das Geld für den Moment aufsparen, in dem ich mehr als das Haushaltsgeld benötigte, das mir Joachim am Monatsanfang zugestand. Dieser Moment war nun gekommen.

Joachim war am achten Mai fünfundvierzig geboren worden, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation. Er war überhaupt nur gezeugt worden, da sein Vater Karl, der an die Westfront abkommandiert worden war, das Glück hatte, trotz der Invasion in der Normandie einen letzten kurzen Heimaturlaub antreten zu dürfen. Das Elternhaus in Sachsenhausen war bei den schweren