: Sigmund Freud
: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (Dementia paranoides)
: Books on Demand
: 9783753491882
: 1
: CHF 0.90
:
: Psychoanalyse
: German
: 112
: Wasserzeichen
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: ePUB
Sigmund Freud gesammelte Werke Band 21: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (Dementia Paranoides). Der österreichische Arzt, Neurophysiologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker war Begründer der Psychoanalyse und gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Seine Theorien und Methoden werden bis heute diskutiert und angewendet, aber auch kritisiert. Die Krankengeschichten Freuds sind historisch bedeutsame Dokumente für die Entwicklung der Psychoanalyse.

Sigmund Freud, geboren am 6. Mai 1856 in Freiberg in Mähren und gestorben am 23. September 1939 in London, war ein österreichischer Arzt, Neurophysiologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker. Er ist der Begründer der Psychoanalyse und gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Seine Theorien und Methoden werden bis heute diskutiert und angewendet, aber auch kritisiert.
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Deutungsversuche


Von zwei Seiten her könnte man den Versuch machen, zum Verständnis dieser paranoischen Krankengeschichte vorzudringen, die bekannten Komplexe und Triebkräfte des Seelenlebens in ihr aufzudecken. Von den wahnhaften Äußerungen des Kranken selbst und von den Anlässen seiner Erkrankung.

Der erste Weg erschiene verlockend, seitdem C. G. Jung uns das glänzende Beispiel der Deutung eines ungleich schwereren Falles von Dementia praecox, mit vom Normalen ungleich weiter abliegenden Symptomäußerungen gegeben hat.1 Auch die hohe Intelligenz und Mitteilsamkeit des Kranken scheint uns die Lösung der Aufgabe auf diesem Wege zu erleichtern. Gar nicht so selten drückt er uns den Schlüssel selbst in die Hand, indem er zu einem wahnhaften Satz eine Erläuterung, ein Zitat oder Beispiel, wie beiläufig, hinzufügt oder eine ihm selbst auftauchende Ähnlichkeit ausdrücklich bestreitet. Man braucht dann nur im letzten Falle die negative Einkleidung wegzulassen, wie man es in der psychoanalytischen Technik zu tun gewohnt ist, das Beispiel für das Eigentliche, das Zitat oder die Bestätigung für die Quelle zu nehmen, und befindet sich im Besitze der gesuchten Übersetzung aus der paranoischen Ausdrucksweise ins Normale. Ein Beleg für diese Technik verdient vielleicht eine ausführlichere Darstellung. Schreber beklagt sich über die Belästigung durch die sogenannten »gewunderten Vögel« oder »sprechenden Vögel«, denen er eine Reihe recht auffälliger Eigenschaften zuschreibt (208–14). Sie sind nach seiner Überzeugung aus Resten ehemaliger »Vorhöfe des Himmels«, also selig gewesener Menschenseelen, gebildet und mit Leichengift beladen auf ihn gehetzt worden. Sie sind in den Stand versetzt, »sinnlos auswendig gelernte Redensarten« herzusagen, die ihnen »eingebleut« worden sind. Jedesmal, wenn sie das ihnen aufgepackte Leichengift bei ihm abgelagert, d. h. »die ihnen gewissermaßen eingebleuten Phrasen abgeleiert haben«, gehen sie mit den Worten »verfluchter Kerl« oder »ei verflucht« einigermaßen in seiner Seele auf, den einzigen Worten, deren sie im Ausdruck einer echten Empfindung überhaupt noch fähig sind. Den Sinn der von ihnen gesprochenen Worte verstehen sie nicht, haben aber eine natürliche Empfänglichkeit für den Gleichklang der Laute, der kein vollständiger zu sein braucht. Es verschlägt daher für sie wenig, ob man sagt:

Santiago oderKarthago,

Chinesentum oderJesum Christum,

Abendrot oderAtemnot,

Ariman oderAckermann usw. (210.)

Während man diese Schilderung liest, kann man sich des Einfalles nicht erwehren, daß mit ihr junge Mädchen gemeint sein müssen, die man in kritischer Stimmung gerne mit Gänsen vergleicht, denen man ungalanterweise ein »Vogelgehirn« zuschreibt, von denen man behauptet, daß sie nichts z