1. KAPITEL
Einen kleinen Fehler. Den hatte Gemma Gould gemacht. Nur einen kleinen Fehler … und sie würde den Rest ihres Lebens dafür bezahlen.
„Bier oder Bellini?“, murmelte sie, während sie sich um die Bar im Garten ihrer Eltern kümmerte. Die Brautparty ihrer jüngsten Schwester Elyse verwandelte sich gerade in ihren schlimmsten Albtraum.
„Los geht’s, Leute.“ Elyses Trauzeugin klatschte in die Hände. „Rein ins Wohnzimmer. Elyse präsentiert gleich ihre Episode von ‚Das ist mein Kleid!‘.“ Diese Ansage ließ das Blut in Gemmas Adern gerinnen.
Schweiß lief ihr den Rücken hinunter. Vielleicht könnte sie behaupten, dass sie keinen Pfirsichsaft für die Bellinis mehr hatten und sie schnell welchen holen musste. Wofür sie ungefähr drei Tage brauchen würde. Oder noch besser, sie könnte so tun, als ob sie eine Blinddarmentzündung hätte, und für eine Woche verschwinden.
Vor neun Monaten hatte Elyse darauf bestanden, dass Gemma sie nach New York begleitete, um ihr Hochzeitskleid zu kaufen. Dort hatten sie einen Studienfreund von Elyse getroffen, der zufällig als Produzent für die Fernsehserie „Das ist mein Kleid!“ arbeitete. Ehe Gemma wusste, wie ihr geschah, hatte sie die Aufgabe gehabt, vor laufender Kamera andächtige Laute von sich zu geben, während Elyse ein Hochzeitskleid nach dem anderen präsentierte. Simpel.
Nur hatte das nicht so gut geklappt.
„Ich hätte gerne einen Bellini, bitte. Und könntest du dich beeilen, Gemma? Die Episode hab ich im Fernsehen verpasst. Ich habe gehört, sie ist zum Schießen.“
Gemma lächelte mit zusammengebissenen Zähnen.Ja, genau. Sie reichte das Glas über die Bar. „Hier, bitte, Collette.“
„Danke“, piepste die zierliche Brünette. „Weißt du, es ist stark, wie ihr zwei euch dafür entschieden habt, zu so was Peinlichem zu stehen und noch was Lustiges draus zu machen. Echt inspirierend!“
Gemma starrte das Mädchen an. „Danke.“
Als Collette verschwand, schüttete Gemma Eis in den Mixer und schaltete ihn ein. Dabei wandte sie den Blick von den Gästen ab, die ins Wohnzimmer strömten.
Ihre ganze Familie und viele der Gäste hatten die Folge schon gesehen. Die Sendung war Stadtgespräch gewesen, als sie das erste Mal im Fernsehen gelaufen war. Und in einer Stadt, die so klein war wie Thunder Ridge, waren Elyse und sie sofort zu Stars geworden.
Missmutig beobachtete sie, wie der Mixer unglückselige Eiswürfel zerhackte.