1. KAPITEL
„Was meinst du damit, er kommt hierher?“ Thea Morrison schlang bestürzt die Arme um sich. Als könnte sie dadurch verbergen, dass sie gerade ein absurd teures, mit Perlen besticktes elfenbeinfarbenes Brautkleid samt ein Meter achtzig langer Schleppe trug … „Das darf er nicht!“
Ihre Schwester verdrehte die Augen. „Reg dich ab. Ich soll dir nur von ihm ausrichten, dass du spät dran bist für die Besprechung mit der Hochzeitsplanerin und er dich holen kommt, wenn du in fünf Minuten nicht da bist.“
„Dann halt ihn auf!“
Nein, das würde nicht funktionieren. Nichts hielt Flynn Ashton auf, wenn er wirklich etwas wollte. Er war stets höflich, aber zugleich unfassbar beharrlich. Das war der Grund, warum sein Vater ihn im Medienunternehmen „Morrison-Ashton“ zu seiner rechten Hand ernannt hatte. Und einer der Gründe, warum sie Flynn überhaupt heiratete …
„Hilf mir aus diesem Kleid heraus, bevor er da ist!“
„Ich verstehe nicht, warum dir das so wichtig ist“, sagte Helena, während sie den Reißverschluss an der Rückseite des Kleids aufmachte. „Eine echte Hochzeit ist das doch sowieso nicht.“
„In zwei Tagen gibt es einen Pfarrer, eine Hochzeitstorte, Blumen und einen rechtlich bindenden Ehevertrag, das ist ja wohl echt genug.“ Thea versuchte zappelnd, das schulterfreie Kleid über ihre Hüften zu kriegen. „Und jeder weiß, dass es Unglück bringt, wenn der Bräutigam die Braut vor dem großen Tag im Hochzeitskleid sieht.“
Und darum würde Flynn das Kleid nicht sehen, bevor sie in der kleinen toskanischen Kirche am Fuß des Hügels zum Altar ging. Nicht einmal für eine Sekunde.
„Weshalb er mich geschickt hat.“
Thea erstarrte. Sie kannte die Stimme. Acht Jahre lang hatte sie diese Stimme nicht mehr gehört, aber sie hatte sie nicht vergessen. Sie hattenichts vergessen.
Dieser Mann sollte sie nun wirklich nicht in ihren Hochzeitsdessous sehen. Immerhin war es sein Bruder, den sie in zwei Tagen heiraten würde!
Thea riss das Kleid wieder hoch über ihre elfenbeinfarbene Korsage, presste es an die Brust und blickte den Eindringling schockiert an. „Ich dachte, du kommst nicht.“ Und jetzt war er hier. Er sah … erwachsen aus. Nicht mehr wie der Einundzwanzigjährige, der auf alles und jeden wütend war. Er wirkte gelassener, kontrollierter.
Und er war genauso attraktiv wie damals …
Helena lachte. „Acht Jahre, und das ist alles, was du zu sagen hast?“ Sie rannte zu Flynns Bruder, umarmte ihn und küsste ihn auf die Wange. „Schön, dich zu sehen, Zeke.“
„Die kleine Helena ist also groß geworden.“ Er erwiderte die Umarmung, doch er blickte dabei Thea an. „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Helena. Aber dass ich von deiner Schwester gleich so viel zu sehen kriege! Damit habe ich ja gar nicht gerechnet.“
Es klang spöttisch, als hätte Thea geplant, dass er sie in ihrer Unterwäsche überraschte. Dabei sollte er eigentlich nicht einmal im Land sein! Flynn hatte ihr erzählt, Zeke würde nicht kommen, und sie war unglaublich erleichtert gewesen. Nicht, dass sie ihrem zukünftigen Ehemann erklären konnte, warum. Aber jetzt war Zeke hier und starrte sie an, und sie hatte sich noch nie so ungeschützt gefühlt.
Thea packte das Kleid fester, als könnte sie damit eine Barriere zwischen sich und Zeke errichten. „T