EINS
Dienstag, 20. März 2012
Ein Kind!, schoss es Jenna durch den Kopf, als sie ihre neue Mandantin sah, die in Handschellen in den Besucherraum von Her Majesty’s Prison in Edinburgh geführt wurde. Eine schmale Gestalt, die zerbrechlich wirkte, mit einem dunklen Gesicht, dessen große schwarze Augen den Eindruck des Kindlichen ebenso verstärkten wie die Afrolocken, die es rund und weich wirken ließ. Eine eiskalte Mörderin, die ihren Mann umgebracht hatte, um seine Lebensversicherung zu kassieren, sah anders aus. Zumindest traf das auf die einzigen beiden eiskalten Mörderinnen zu, die Jenna bisher verteidigt hatte.
Ein Blick in Fiyori McDowells Augen zerstörte den Eindruck des kindlich Unschuldigen. In ihnen las Jenna eine Härte, die ihr sagte, dass ihre Mandantin alles andere als unschuldig war.
»Guten Tag, Mrs McDowell. Ich bin Jenna Keith, Ihre neue Pflichtverteidigerin. Ich wurde anstelle Ihres bisherigen Pflichtverteidigers, Mr Muir, kurzfristig eingesetzt. Mr Muir hatte einen Unfall und liegt für mindestens die nächsten vier Wochen im Krankenhaus.«
Fiyori McDowell reagierte nicht, sondern starrte Jenna stumm an.
»Würden Sie meine Mandantin bitte von den Handschellen befreien?«, forderte Jenna die Wärterin auf, die Fiyori hereingebracht hatte.
Die Frau kam ihrer Aufforderung schulterzuckend nach. Fiyori ließ kein Auge von Jenna.
»Bitte setzen Sie sich, Mrs McDowell.«
Jenna nahm selbst Platz und holte die Akte aus ihrer Tasche, die sie zusammen mit ihrer Bestellung zu Fiyori McDowells Pflichtverteidigerin erhalten hatte. Bisher hatte sie die nur überfliegen können, aber die Sache war eindeutig. Fiyoris Ehemann Peter war mit gemahlenen Rizinussamen im Essen vergiftet worden. Seine Frau hatte aus ihrer afrikanischen Heimat eine Halskette mitgebracht, die aus diesen Samen bestand. Die Reste der Kette mit ein paar verbliebenen Samen waren im Abfall i