7raum
Vorne ich, dahinter das Universum. Ich betrachte das Selfie auf dem Display meines Vidphones. Die etwas herausgewachsenen Braids enthüllen einen grauen Haaransatz auf dem Scheitel, wo einzig das Haar in sich kreuzenden Linien wachsen darf; ansonsten ist mein Mulattenhaupt akkurat auf 1,5 mm getrimmt. Die Tätowierungen hinter den Ohren sind trotz Rasur aus perspektivischen Gründen nicht zu sehen, dafür der Brilli auf dem linken Schneidezahn, der mit den Sternen im Hintergrund um die Wette glitzert. Außer dem Zahnschmuck trage ich kein Geschmeide, schließlich bin ich kein verkrüppelter Weihnachtsbaum, den man unter Lametta begraben und verstecken muss. Ich baue voll und ganz auf die natürliche Schönheit meiner Mom, die sie mir in winzigen Basentripletts mit auf den Lebensweg gegeben hat; davon hätte freilich schon ein weit geringerer Bruchteil ausgereicht, um richtig gut auszusehen. Ich grinse in mich hinein und drücke mit dem Daumen erneut auf den Auslöser. Unmittelbar darauf bekomme ich das Photo im Display präsentiert – und das Grinsen gefriert mir im Gesicht.
Auch das Grinsen des Mace, der mir von meinem Vidphone her entgegengrinst, ist eingefroren. Allerdings aus technischen Gründen. Mein Grund ist ein anderer: auf meine grinsende Visage wirft im Photo eine fremde Hand ihren Schatten, die Finger weit auseinandergespreizt, als würde sie nach mir greifen.
Ich reiße das Vidphone runter aus meinem Gesichtsfeld und schaue nach links, nach rechts, nach oben und nach unten: nichts. Null und nichts. Ungläubig studiere ich die Aufnahme, die ich erst zurückrufen muss, weil sie bereits erloschen war: Ganz eindeutig der Schatten einer Hand. Der Handteller bedeckt im Schattenwurf Teile der Schulter und des Halses, während die Finger ausgreifen über Mund und Nase, bis unter die Stirn; wenn ich einen Ausschnitt heranzoome, kann ich sogar die Fingernägel erkennen.
Ungläubig und fassungslos senke ich das Vidphone in den bis zum Steißbein verspannten Schoß, bevor es meinen zitternden Händen entgleitet. Das Nachbild des Photos aber steht mir noch immer lebhaft vor Augen.