Einleitung – Personalentscheidungen und ihr Scheitern
Andreas Fahrmeir
Personalentscheidungen, das klingt nach einem abstrakten, etwas trockenen Thema. Die Bilder, die einem zunächst in den Sinn kommen, haben in erster Linie mit Personalabteilungen, Aktenstapeln oder »[F]ace-to-screen-Interaktion mit den eingegangenen Lebensläufen«1 zu tun. Sie lassen an eigene Bewerbungsgespräche, Aushandlungen mit zuständigen Gremien und an eine spezialisierte Forschungsrichtung denken, die sich mit der Optimierung (vorwiegend betrieblicher) Personalentscheidungen beschäftigt und die in Foren wie derZeitschrift für Personalforschung, demInternational Journal of Selection& Assessment und zahlreichen weiteren Periodika verhandelt wird. Vornehmlich beschäftigen diese sich mit Arbeits- und Organisationspsychologie. Ohne Zweifel, Personalentscheidungen sind wichtig. Dazu passt das Klischee, dass »Mitarbeiter« das »wichtigste« oder »wertvollste« Kapital eines Unternehmens sind – zumindest wies Google am 16. April 2021 mehrere Tausend Seiten auf, auf denen sich große und kleine Unternehmen diese »Lebenslüge vieler Chefs« zu eigen machten.2 Gleichzeitig klingen derartige Texte sehr technisch, sodass Gesprächspartner beim Stichwort rasch einen etwas abwesenden Blick bekommen.
Das steht im Gegensatz zur Bedeutung, die immer wieder einzelnen Personalentscheidungen zugeschrieben wird: So schienen sich die Probleme der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die 2020/21 in den Insolvenzfällen Wirecard und Greensill Bank deutlich wurden, im Kern durch eine Neubesetzung des Leitungspostens beheben zu lassen, also mit dem Ersatz einer im Rückblick offenbar nicht richtigen Personalentscheidung durch eine bessere. Darin liegt gewiss ein Element der rhetorischen Personalisierung von strukturellen Entwicklungen, das leicht zu dekonstruieren ist: Je größer eine Organisation wird, desto unwahrscheinlicher ist es, dass eine einzige Person an Fehlentwicklungen alleine schuld sein kann – schon deshalb, weil sie gar nicht die Möglichkeit hätte, einen Überblick über alle Vorgänge zu haben.
Es steht aber auch im Gegensatz zu der Bedeutung, die Personalentscheidungen dann gewinnen, wenn sie im Widerspruch zu gesellschaftlichen Erwartungen stehen, etwa durch die Bevorzugung bestimmter Gruppen gegenüber anderen, die diese Dis