»Helena, wie lange verkriechst du dich jetzt schon in deinem Atelier?« Ohne meine Antwort abzuwarten, spricht Tony weiter: »Viel zu lange, viel zu lange!«
Ungeduldig trommelt er mit den Fingern auf den Schreibtisch vor ihm. »Überleg doch mal. Den ganzen Sommer in Südfrankreich!«
Er macht eine Pause. »Süd.« Punkt. Pause. »Frank-« Punkt. Dramatische Pause, in der er mit stämmigen Armen vor seinem runden Gesicht rudert. »-reich!«
Ausrufezeichen, füge ich im Geist hinzu und seufze.
Durch das schmale Fenster im Büro von Tonys Galerie fällt ein Streifen Frühlingssonne durch die Häuserschlucht in Berlin Mitte.
Mein Galerist hat ja recht. Ich sehe es ein. Seit der Trennung von Marc, nein, ich muss mich korrigieren, seitdem Marc mich verlassen hat, habe ich mich eigentlich nur noch hinter meiner Kunst versteckt. Die letzten fünf Jahre, zwei Monate und zwölf Tage. Eine lange Zeit, Tony hat recht. Aber Marc war auch mein erster Freund, meine erste Beziehung. Da kommt man nicht so leicht drüber hinweg.
»Sechs Jahre?« Tony wedelt eine mögliche Antwort von mir mit seiner Hand beiseite und rollt mit den Augen. »Marc war einfach nicht der Richtige. Zwei Künstler – das passt doch nicht. Ich habe es dir immer gesagt, aber du wolltest ja nicht hören. Und jetzt hast du über all deinen Kummer völlig vergessen, dass du nicht nur eine talentierte Malerin bist, sondern immer noch eine junge Frau! Aber das ist ja jetzt nicht der Punk