: Marko Martin
: Die letzten Tage von Hongkong Literarisches Tagebuch
: Tropen
: 9783608116809
: 1
: CHF 16.20
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ovid Preis 2025 Shortlist Kurt-Tucholsky-Literaturpreis 2023 2019/2020. Zwischen den Jahren kehrt Marko Martin, diesmal mit seinem Partner, nach Hongkong zurück. Sie ahnen nicht, dass sie Zeugen historischer Ereignisse werden sollen. Die letzten Proteste der Demokratiebewegung, gefolgt von einer Welle von Verhaftungen, dazu die Nachricht von einem neuartigen Virus: Sars-Cov-2. Der Anfang vom Ende des freien Hongkong.   Marko Martin hat die »Sonderzone« oft besucht und sie als Insel der Freiheit kennengelernt. Zusammen mit seinem Partner streift Martin nun erneut durch die faszinierende Stadt. Doch die Angst vor neuen Repressionen gegen die Demokratiebewegung ist spürbar, egal ob bei Museumsangestellten oder im hedonistischen Nachtleben. Als sie am 1. Januar 2020 an der Demonstration für den Erhalt der Bürgerrechte teilnehmen, ahnen sie ebenso wenig wie der prominente Aktivist Joshua Wong, dass es vorerst die letzte sein wird. »Die letzten Tage von Hongkong« sind persönliches Journal und Hommage an diese einzigartige Stadt, ihre Bewohner, ihre Filme und die Welt, von der sie erzählen. Kann womöglich das Erinnern die Ignoranz der Macht überlisten und das Erzählen die freie Stadt fortleben lassen? »Marko Martin hat eine bewundernswerte Gabe, die Dinge zu sehen; durch seine Augen werden die Dissidenten in Hongkong als Menschen erkennbar, Menschen mit einer ungewissen Zukunft.« Mario Vargas Llosa  »Marko Martins Herz schlägt für die Verbotenen und die Verfolgten.« Alexander Cammann, Die Zeit   »Marko Martin ist nicht nur ein bemerkenswerter Autor, er ist ein wahrer Humanist. Was er schreibt, muss man gelesen haben.« Anne Applebaum, Pulitzer-Prize-Trägerin

Marko Martin lebt, sofern nicht auf Reisen, als Schriftsteller in Berlin. Neben einem Essayband zur israelischen Literatur und einer Tel Aviv-Hommage erschienen in der Anderen Bibliothek seine Bücher Schlafende Hunde und Die Nacht von San Salvador sowie 2019 der Essayband Dissidentisches Denken. Mit Das Haus in Habana. Ein Rapport stand er auf der Shortlist des Essayistikpreises der Leipziger Buchmesse. Bei Tropen erschienen: Die verdrängte Zeit (2020) Die letzten Tage von Hongkong (2021) und Es geschieht jetzt (2024). 

Juli 2020, Peñas Blancas, Grenzübergang Costa Rica-Nicaragua


Enrique ist zunehmend verzweifelt. Immer wieder läuft er zwischen den metallicgrauen Containerhäuschen der Grenzposten hin und her, seine schwarzen Stoffhosen staubig, das kurzärmelige Hemd verschwitzt, ein Plastikschirm als Virenschutz vor sein Gesicht geschnallt.

In der Hand hält er das in San José abgestempelte Papier mit dem vierundzwanzig Stunden alten Negativ-Resultat des Covid-Tests.No me dejan entrar. Sie lassen mich nicht rein. Und dann, mit beinahe brechender Stimme herausgeschrien, erneut jener Satz, den er mir ein paar Tage zuvor auf Facebook geschrieben hatte:Es hat nichts mit der Pandemie zu tun.

Eine aus San José mitgereiste Freundin nimmt die Szene mit Enriques Smartphone auf, und so geht das Video für kurze Zeit viral: Zuerst ist das Video öffentlich, dann nur noch für den Freundeskreis sichtbar, schließlich wird es aus Angst gelöscht: Im zur Familiendiktatur Daniel Ortegas gewordenen Nicaragua wissen nicht nur die Grenzposten, wer abzustrafen und zu observieren ist.

Enrique, der bei den vorangegangenen Familienbesuchen in der alten Heimat ja schon immer gefilmt hatte: Das schießende Militär vom Frühjahr 2018, als die Arbeiter und Studenten gegen ein Regime demonstrierten, das den revolutionärenSandinismo längst nur noch im Namen führte; Schüsse in den Straßen Managuas, vor Einkaufszentren, selbst vor den offenen Türen der Kirchen; Menschen, die auf der hauptstädtischen Parademeile das überlebensgroße Hugo-Chávez-Porträt attackiert hatten und dabei auch jene absurden Metallbäume herausrissen, deren artifizielle Kronen nach dem Willen des Ehepaars Ortega die Kosmologie der Mayas mit ihrer kruden Herrschaftsideologie von »Harmonie, Christentum und Sozialismus« verbinden sollten. Zuvor hatte er auc