Vom Nationalsozialismus wird in Deutschland oft maßlos, selten genau gesprochen. Die Beliebigkeit des alltäglichen Geredes und die Vermessenheit seines Anspruchs stehen jedenfalls in keinem Verhältnis zu Wissen und Problembewusstsein, zu Urteilskraft und Sorgfalt, den vereinten Kräften, die ein historischer Gegenstand von solchem Gewicht eigentlich erforderte. Wer aber die Tugenden der Historie nicht kennt, wird gar nicht merken, dass er sich an der Geschichte verhebt. Es ist gute Sitte in unserem Land, mit dem Nationalsozialismus hundertmal auf andere zu zeigen, bevor man auch nur die komplizierte Frage ahnt, was er womöglich mit einem selbst zu tun haben könnte. An Hitler waren vor allem Hitler und der Nachbar schuld, und Auschwitz würde man den Juden nie verzeihen.[1] Wo nach dem Krieg kein Deutscher ein Nazi gewesen sein wollte, da versteht man sich mittlerweile so gut auf die Kunst des nachträglichen Ungehorsams, dass Linke wie Rechte, Liberale wie Autoritäre einander darin überbieten, heroischen Widerstand gegen den Anbruch des Vierten Reichs zu leisten. Und wenn das Heimischwerden syrischer Kriegsflüchtlinge auch daran scheitern kann, dass man ihnen voller Stolz ihr neues Land in einerKZ-Gedenkstätte vorstellt, dann kann es ein Zeichen gelungener Integration sein, dass ein »Migrationshintergründler« gelernt hat, nach zehn Minuten Internetrecherche den »Nazihintergrund« einer »biodeutschen« Mitbürgerin bloßzustellen.[2]
Es gibt für die Leichtfertigkeit, mit der wir uns auf den Nationalsozialismus beziehen, und die damit verbunde