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Burdett Road 7 in Sidcup war eine Doppelhaushälfte aus den 1930ern in etwas besserem Zustand als Jeans eigene. Im Vorgarten blühte eine symmetrische Anordnung von Ringelblumen und Begonien, an drei Seiten unkrautfrei gesäumt von sauberen Rasenrechtecken. An beiden Enden der niedrigen Gartenmauer gedieh ein Zwillingspaar gestutzter Hortensien. Der Briefkasten und der Türklopfer aus Messing waren auf Hochglanz poliert. Jean blieb vor der Tür einen Moment stehen, um sich zu sammeln, bevor sie klingelte, und beschloss, auf dem Heimweg Brasso Metallpolitur zu kaufen. Allzu leicht vernachlässigte sie die Arbeiten in den Teilen des Hauses, die ihre Mutter nicht sah.
Kurz darauf zeichnete sich ein Schatten hinter der Buntglasscheibe ab, und eine schlanke Frau von ungefähr dreißig Jahren mit dunkelbraunen Locken, die von einer Schildpattspange aus dem Gesicht gehalten wurden, öffnete die Tür. In der Hand hielt sie ein zusammengeknülltes Staubtuch und ein Paar Gummihandschuhe, die sie verunsichert von einer Hand in die andere wechselte, bevor sie sie auf der Garderobenablage neben sich deponierte.
»Mrs Tilbury? Ich bin Jean Swinney vomNorth Kent Echo.«
»Ja, kommen Sie rein, kommen Sie rein«, sagte die Frau, die gleichzeitig die Hand zum Schütteln ausstreckte und zur Seite trat, um Jean hereinzulassen, womit sie jetzt außer Reichweite war.
Nachdem sie diese ziemlich verpfuschte Begrüßung bewältigt hatten, wurde Jean ins Empfangszimmer gebeten, das nach Wachspolitur roch und die makellose, tote Atmosphäre eines Raumes besaß, der für besondere Gelegenheiten geschont wurde.
Mrs Tilbury bot Jean den bequemeren von zwei Sesseln am Fenster an, die mit einem kleinen Tisch dazwischen einander gegenüber angeordnet waren.
»Ich dachte, Sie möchten sich vielleicht Notizen machen«, sagte sie. Es war weniger ihr Akzent als der leicht stakkatohafte Duktus, der sie als Ausländerin kennzeichnete.
»Danke – das tue ich normalerweise«, sagte Jean, zog ihren Spiralblock und den Stift aus ihrer Tasche und legte sie auf den Tisch.
»Ich habe Tee gemacht. Ich hole ihn schnell.«
Mrs Tilbury eilte hinaus, und Jean hörte sie in der Küche herumklappern. Sie nutzte diese kurze Abwesenheit, um mit geübtem Auge ihre Umgebung zu begutachten. Nackte Dielen, müde aussehender Läufer, gefliester Kamin, der Rost leer und sauber gekehrt. Auf dem Klavier im Alkoven standen ein halbes Dutzend Fotografien in silbernen Rahmen. Eine war ein Gruppenbild mit Familie, alle mit ernsten Mienen und edwardianischer Strenge, der Patriarch stehend, seine Frau sitzend mit einem Baby im Taufkleid auf dem Schoß, ein Mädchen im Trägerkleid, das mit glasigem Blick in die Kamera sah. Ein anderes war ein Studioporträt von einem neun- oder zehnjährigen Mädchen mit dunklem Lockenkopf – vielleicht Mrs Tilbury selbst –, das nach oben sah, als bestaunte es etwas direkt außerhalb der Aufnahme. Usambaraveilchen und ein Weihnachtskaktus auf dem Fensterbrett, ein Wandteppich mit der Darstellung einer alpinen Landschaft mit schneebedeckten Berggipfeln und einer Holzhütte in einer Wildblumenwiese, ein Stickbild mit der Aufschrift »Home Sweet Home«.
Mrs Tilbury kam mit einem Tablett mit zwei zarten Porzellantassen, Milchkännchen, Zuckerschale und Teekanne mit gehäkeltem Wärmer zurück. Während sie den Tee eingoss, zitterte ihre Hand ein bisschen, der Schn