Sauerstoff, der unverzichtbare Teufel
Bei Entzündungen bleibt es nicht. Unseren Organismus belastet ein weiterer Dauerstressor, und der Effekt durch stille Entzündungen verstärkt ihn noch.
Das führt uns zum Metabolismus. Dieser aus dem Griechischen stammende Begriff wird zwar mit Stoffwechsel übersetzt und lässt uns an die Nahrung denken. Das ist aber irreführend. In Wahrheit bezeichnet er sämtliche unaufhörlich ablaufenden chemischen und physikalischen Vorgänge in lebenden Organismen.
Vor allem sind es Veränderungen während der Aufnahme, des Transports und der chemischen Umwandlung von Substanzen, sowie die Abgabe von Stoffwechselendprodukten an die Umgebung.
Alle metabolischen Maßnahmen gemeinsam dienen der Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Werden sie gemessen und verglichen, erkennt man: Der Stoffwechsel variiert von Person zu Person, auch wegen des Geschlechts, der individuellen Zusammensetzung der Darmbakterien, des Alters, des Lifestyles, der Ernährung und dem Verhältnis von Muskelmasse und Fettgewebe.
Viele Vitamine, Phytamine, Enzyme, Spurenelemente, weitere pflanzliche Inhaltsstoffe und einige Hormone beeinflussen diese Abläufe.
Jede chemische Reaktion beinhaltet den Transfer von elektrisch geladenen Teilchen. Generell tragen Moleküle und Zellen auf ihrer Oberfläche elektrische Ladungen, negativ der positiv.
Immer wird vor Ort in jeder einzelnen Zelle jene Energie gebildet, die sie für ihre Aufgaben und für die Kontrolle der Körpertemperatur benötigt. Das ist ein gefährliches Unterfangen, denn es geschieht unter Einsatz eines extrem aggressiven Gases. Wissenschaftler bezeichnen es schon mal als unverzichtbaren Teufel: Sauerstoff.
Dieses chemische Element in unserer Atemluft nannten die alten Griechen nicht ohne Grund Oxygenium, Säureerzeuger.
Sauerstoff wird verwendet, um die Nahrungsmoleküle zu verbrennen.
Die für uns lebensnotwendige Atemluft besteht ziemlich genau zu 21 Prozent aus diesem gefährlichen Gas. Der menschliche Organismus würde bereits nach wenigen Minuten ohne Sauerstoff lebenswichtige Funktionen verlieren und sterben.
Zellen verwenden ihn für eine besondere Form der Stoffwechselveränderung: für das kontrollierte Verbrennen von Zuckeratomen zum Zweck der Energieerzeugung. Alle Power, die in der gesunden Zelle benötigt wird, entsteht in speziellen Zellbereichen, den Mitochondrien.
In jedem einzelnen dieser Minikraftwerke trifft Sauerstoff auf Glucose und attackiert sie. Die Zuckermoleküle werden erhitzt, oxidieren. Aus elektrisch geladenen Glucoseelementarteilchen wird eine Form von pulsierender Energie gebildet, das Adenosintriphosphat, ATP. Das ist der Stoff, der den Körper antreibt.
ATP ist Ausgangspunkt jeder Aktivität einer Zelle. Deshalb sind auch Immunfunktionen und die Produktion von Abwehrstoffen wie weißen Blutkörperchen, Lymphozyten, T-Zellen und Killerzellen von ausreichender Sauerstoffaufnahme abhängig.
Manche Substanzen sind bei diesem lebensnotwendigen Prozess besonders wertvolle Unterstützer, zum Beispiel das Co-Enzym Q10. Diese Substanz kommt in jeder gesunden Zelle vor. Bei Menschen mit geschwächtem Abwehrverhalten ist häufig ein Mangel an Q10 nachzuweisen. Ähnliches gilt für eine Verbindung aus drei Aminosäuren, Glutathion.
Dass Nahrung und Atmung uns mit Energie versorgen, wussten die Chinesen Jahrtausende früher als wir. Sie studierten intensiv die Geheimnisse einer zentralen Energie, die sie Chi nannten, ähnlich dem Prana des mythologischen Indiens. Studien zeigen jetzt: Spezielle Atemtechniken und Körperübungen mit dem Ziel der Erhöhung von Chi vermehren heute nachweisbar den ATP-Energiewert im Blut.
Ironischerweise ist der lebensnotwendige Einsatz von Sauerstoff mit dem Ziel der Energiegewinnung untrennbar mit dem großen Risiko einer Schädigung jener Zellen verbunden, in deren Minikraftwerken die Umwandlung von Nahrung in ATP geschieht.
Wie bei industriellen Kraftwerken sind auch in den Körperzellen Schadstoffe unvermeidlich. Während des Verbrennens verlieren etwa ein halbes bis zu vier Prozent der eingesetzten Sauerstoffatome ein elektrisch geladenes Elementarteilchen – es fliegt wie ein Funke davon, und das jetzt unstabile, beschädigte Sauerstoffatom verwandelt sich in ein stark aggressiv reagierendes Gebilde. Wissenschaftlicher Begriff dafür: reactiv oxygen species, ROS. Meist nennt man diese Gruppe freie Sauerstoffradikale.
Das Heer der reaktiven Sauerstoffteilchen, ROS, besteht aus