: Fjodor Dostojewski
: Der Spieler Aus den Notizen eines jungen Mannes
: Aufbau Verlag
: 9783841228086
: 1
: CHF 7,10
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 197
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Glü k in der Liebe oder im Spiel?

Alexej ist Hauslehrer in der Familie eines russischen Generals in Roulettenburg. Bisher glaubte er, seine Liebe zu dessen Tochter Polina sei der eigentliche Sinn seines Lebens. Doch als er mit seinem letzten Goldstück 100 000 Florin gewinnt, ergreift mehr und mehr die Spielleidenschaft von ihm Besitz.

'Dostojewski, der einzige Psychologe, von dem ich etwas zu lernen hatte: Er gehört zu den schönsten Glücksfällen meines Lebens.' Friedrich Nietzsche



Fjodor Dostojewski (1821-1881) wurde in Moskau als Sohn eines Militärarztes und einer Kaufmannstochter geboren. Er studierte an der Petersburger Ingenieurschule und widmete sich seit 1845 ganz dem Schreiben. 1849 wurde er als Mitglied eines frühsozialistischen Zirkels verhaftet und zum Tode verurteilt. Unmittelbar vor der Erschießung wandelte man das Urteil in vier Jahre Zwangsarbeit mit anschließendem Militärdienst als Gemeiner in Sibirien um. 1859 kehrte Dostojewski nach Petersburg zurück, wo er sich als Schriftsteller und verstärkt auch als Publizist neu positionierte. Wichtigste Werke: 'Arme Leute' (1845), 'Der Doppelgänger' (1846), 'Erniedrigte und Beleidigte' (1861), 'Aufzeichnungen aus einem Totenhaus' (1862), 'Schuld und Sühne' (1866), 'Der Spieler' (1866), 'Der Idiot' (1868), 'Die Dämonen' (1872), 'Der Jüngling' (1875), 'Die Brüder Karamasow' (1880).

Kapitel I


Nach zwei Wochen Abwesenheit kam ich endlich zurück. Seit drei Tagen schon waren die Unsern in Roulettenburg. Ich hatte gemeint, sie warteten Gott weiß wie auf mich, aber das war ein Irrtum. Der General gab sich höchst lässig, redete von oben herab zu mir und schickte mich zu seiner Schwester. Es lag auf der Hand, daß sie irgendwo für kurze Zeit Geld aufgetrieben hatten. Mir schien sogar, daß es dem General einige Pein bereitete, auf mich zu blicken. Marja Filippowna hatte gerade schrecklich viel zu schaffen und sprach unaufmerksam mit mir; das Geld jedoch nahm sie entgegen, sie zählte es nach und hörte sich meinen ganzen Bericht an. Zum Mittagessen erwartete man Mesenzow, den kleinen Franzosen und noch einen Engländer – nach Moskauer Brauch: Kaum ist Geld im Haus, wird zum Mahle geladen. Polina Alexandrowna fragte mich, als sie mich erblickte, wo ich so lange gewesen sei, und eilte weiter, ohne meine Antwort abzuwarten. Versteht sich, das tat sie mit Absicht. Dennoch werden wir einander manches sagen müssen. Viel hat sich angehäuft.

Mir hat man ein Zimmerchen im dritten Stock des Hotels zugedacht. Hier weiß man, daß ich zurSuite des Generals gehöre. Aus allem ist zu schließen, daß sie in der Kürze der Zeit schon von sich reden gemacht haben. Den General halten hier alle für einen steinreichen russischen Würdenträger. Wohlweislich trug er mir noch vor dem Mittagessen neben anderen Besorgungen auf, zwei Tausendfrankennoten wechseln zu lassen. Das tat ich im Hotelkontor. Jetzt werden uns die Leute als Millionäre ansehen, wenigstens eine Woche lang. Ich wollte gerade Mischa und Nadja holen, um mit ihnen spazierenzugehen, da rief man mich von der Treppe zum General; er geruhte sich zu erkundigen, wohin ich die Kinder führen wolle. Dieser Mensch kann mir einfach nicht offen in die Augen blicken; mag sein, daß er’s wirklich will, aber ich antworte ihm jedesmal mit einem so eindringlichen, das heißt unehrerbietigen Blick, daß es ihn wohl verwirrt. In arg hochtrabender Rede, eine Phrase auf die andere bauend und am Ende sich ganz verheddernd, gab er mir zu verstehen, daß ich mit den Kindern irgendwo im Park spazierengehen solle, nur recht weit weg vom Kurhaus.

Schließlich geriet er ganz in Rage und endete schroff: »Womöglich führen Sie die Kinder ins Kurhaus, zum Roulett. Sie müssen schon entschuldigen«, flocht er ein, »aber ich weiß, Sie sind noch ziemlich leichtsinnig und bringen es wohl fertig, zu spielen. Jedenfalls, wenn ich auch nicht Ihr Mentor bin und dieses Amt keineswegs auf mich zu nehmen wünsche, so habe ich doch in gewissem Maße das Recht, zu wünschen, daß Sie mich sozusagen nicht kompromittieren.«

»Ich habe doch gar kein Geld«, erwiderte ich ruhig. »Um welches zu verlieren, muß man es haben.«

»Sie werden es unverzüglich erhalten«, antwortete der General, ein wenig errötend. Er wühlte in seinem Schreibtisch, sah in einem Heft nach, und es zeigte sich, daß ich bei ihm ungefähr hundertzwanzig Rubel guthatte.

»Ja, also, um ins reine zu kommen …«, murmelte er. »Wir müssen in Taler umrechnen. Hier haben Sie erst mal hundert Taler, eine runde Summe; der Rest geht Ihnen natürlich nicht verloren.«

Ich nahm stumm das Gel