»Ich war anders. Ich war anders als meine Brüder, anders als meine Schwestern. Mein Kopf war anders.«
Nichts leuchtete so rot wie der Sand im Senegal. Ich erinnere mich noch genau an den rostbraunen Schimmer meiner Haut, wenn ich als Kind vom Spielen im Freien nach Hause kam. Wie pudriges Kupfer haftete der Sand am ganzen Körper. Jedes Mal musste ich mir vor der Tür mit einer Gießkanne die Füße waschen, bevor ich ins Haus durfte. Raus aus den staubigen Klamotten und sofort unter die Dusche. Wir Kinder waren immer bunt angezogen. Von T-Shirts über Hosen und Jacken bis hin zu Fußballshorts, alles kaufte unsere Mutter in bunten Farben. Sie nannte sieFarben der Lebendigkeit. Ein Wort, das das Leben im Senegal beschreibt wie kein anderes: lebendig. Die Menschen sind offen, herzlich und unglaublich gesellig. Ständig schauen Nachbarn, Verwandte oder Freunde spontan beieinander vorbei, um zu quatschen. Es ist immer etwas los. Und vor allem eines ist für mich aus dem Senegal nicht wegzudenken: Lachen. Egal, was gerade in den Menschen vorgeht oder was in ihrem Leben passiert, sie lachen. Das liebe ich. Im Senegal bin ich sorglos. Wenn ich heute zurückkehre, dann denke ich nicht daran, was morgen ist, ich genieße einfach den Moment. Alles ist unbeschwert, schön, und die Luft ist erfüllt vom Geruch trockener Hitze, den Stimmen meiner Familie, dem Lachen meiner Mutter. Das ist meine Heimat. Das ist mein Senegal.
Ich war schon immer anders. Ich war anders als meine Brüder, anders als meine Schwestern. Mein Kopf war anders. Ich war ein sehr lebendiges Kind und trieb meine Familie regelmäßig in den Wahnsinn. Vor allem meine Tante, die oft auf uns Kinder aufpasste, hatte es nicht leicht mit mir, dennoch hat sie mich geprägt. Bis heute sagt sie: »Ohne mich wärst du nicht der, der du heute bist.« Ich war immer der Clown der Familie, der alle zum Lachen brachte. Wenn niemand mehr lachte oder ich nicht mehr im Mittelpunkt stand, dachte ich mir sofort etwas Neues aus. Ich verkleidete mich zum Beispiel wahnsinnig gern. Darin war ich Profi. Ich schnappte mir die Klamotten meiner Mutter, was ich eigentlich nicht durfte, präsentierte mich vor meinen Geschwistern, und alle prusteten los. Ich liebte es, der Entertainer zu sein, womit ich meiner Mutter regelmäßig Sorgen bereitete. Ich erinnere mich noch genau an ihre Worte, wenn ich mich mal wieder verkleidet hatte. »Warum machst du so etwas, Papis? Warum bist du so komisch, so anders als deine großen Brüder? Wenn die Nachbarn dich so sehen, werden sie denken, mein Sohn sei nicht ganz richtig im Kopf.« Heute weiß ich, was sie eigentlich mit »nicht ganz richtig« meinte, früher war mir das nicht bewusst. Wie auch? Ich war noch ein Kind.
Mit den Nachbarskindern heckte ich so manches aus und musste es am Ende als Einziger ausbaden, weil einer der anderen mal wieder nicht dichthalten konnte. Wie zum Beispiel, als wir in das Haus einer Nachbarin schlichen, ihr Palmöl stibitzten, es uns in Gesicht und Haare schmierten und einen wilden Tanz veranstalteten. »Es war alles Papis’ Idee«, hieß es dann nur. Tatsächlich war ich meistens der Anführer unserer Truppe. Streiche zu planen war mein Spezialgebiet, die Durchführung überließ ich den anderen. Ging allerdings etwas schief, wussten die anderen Mütter sofort, dass ihre Sprösslinge nicht clever genug waren, um derartige Pläne auszuhecken. Wenn ich in den Senegal fahre, schauen diese Damen mich immer noch mit schiefem Blick an. Eine von ihnen sagte einmal zu mir: »Wer hätte gedacht, dass du jemals ein so vernünftiger Mann wirst. Wärst du im Senegal geblieben und mit deinem Auto an mir vorbeigefahren, hätte ich dich angehalten und Geld gefordert für alles, was du früher angestellt hast.« Ich lache dann nur und antworte: »Ja, deshalb bin ich auch nach Europa ge