: Nora Ephron
: Was nie im Trend lag, kommt auch niemals aus der Mode und andere Wahrheiten aus dem Leben einer Frau
: Atlantik Verlag
: 9783455012651
: 1
: CHF 12.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
 'Ich bin ein Riesenfan, fast schon Ephronologin.' Dolly Alderton   Nora Ephron ist Kult und dies ist ihr Kultbuch: Darin schreibt sie darüber, was es bedeutet, eine moderne Frau zu sein, deckt Tücken und Freuden, Hürden, Probleme und Chancen auf, und die kleinen Details, die wir alle zu gut kennen - vom ideellen Wert einer Handtasche über Diskriminierungen im Job bis hin zu grenzenloser Liebe zu Essen und den ersten Falten: ehrlich, klug, witzig und keineswegs gradlinig romantisch. Nicht zuletzt sind Ephrons Geschichten eine große Liebeserklärung an ihre Wahlheimat New York City.    Ein absolutes Muss für jede Frau jeden Alters!    

Nora Ephron ist die Erfinderin der romantischen Komödie der 90er-Jahre, die Macherin von berühmten modernen Klassikern wie 'Harry und Sally', 'E-Mail für dich' und 'Julie& Julia'. Sie galt in den 80er- und 90er-Jahren als Vorreiterinnenfigur für den modernen weiblichen Journalismus und ist heute Vorbild vieler junger Schriftstellerinnen.

Erstes Kapitel


Ein barfüßiges Mädchen mit schwarzem, gefettetem Haar trat ein und erschrak: der Oberst lag in einem Rohrsessel, schlaff und still. Sein Hemd stand über der unbehaarten Brust offen, und sein Kopf hing kraftlos zurück. Die Augen waren nach oben in den Schädel hineingedreht; die Lider halb herabgezogen: ein Mann, kleiner als seine Vergangenheit, erloschen, mürbe, ausgebrannt. Er hielt die Füße weit von sich gestreckt und die Hände über dem Leib gefaltet. Sein Atem ging eilig, aber regelmäßig.

Das Mädchen stellte eine Flasche und ein Glas auf den fleckigen Marmortisch und ging auf Zehenspitzen rückwärts zur Tür.

–Sind wir unter uns? fragte der Oberst plötzlich. Er hob unter großen Anstrengungen den Kopf und setzte sich zurecht, und der Rohrsessel knisterte. Sie war schon an der Tür, sie hatte eine Hand schon auf der Klinke, da traf sie sein Blick. Sie lächelte ihn fremd und zaghaft an, und er lächelte müde zurück.

–Hast du mir das gebracht? fragte er und zeigte auf die Flasche. Sie nickte.

–Gut, sagte der Oberst, dann gieß mir auch ein Glas ein. Sie verstand ihn nicht. Sie lächelte und drückte langsam die Klinke herab.

–Nein, sagte der Oberst, hierbleiben sollst du. Komm, ich sag dir, was du tun sollst. Er winkte sie heran. Sie folgte zögernd seinem Befehl und ließ sich erklären, was er meinte. Während sie das Glas füllte, starrte sie ihn fragend an.

–Gut, sagte er, nun kannst du gehen, und er machte ihr ein Zeichen. Das Mädchen verließ das Zimmer, und der Oberst trank angestrengt, und nachdem er getrunken hatte, erhob er sich und ging ans Fenster: das Auto war noch nicht da.

El Dabuh, das kleine weißglühende Dorf, regte sich nicht – die Beute der Zeit und der Sonne. Es war schwer zu sagen, welche der Hütten bewohnt waren und welche nicht, denn alle waren baufällig, rissig und brüchig geworden unter den fortwährenden Messerstichen der Hitze. Wenn eine Hütte einstürzte – das geschah oft und gemeinhin in den frühen Morgenstunden –, wurde schon nach kurzer Zeit auf den Ruinen eine neue gebaut, und da man das immer so gehalten hatte und beim Bau die alten Eingänge und Löcher niemals zumauerte, glichen die Lehmhütten allmählich riesigen Bienenstöcken. Auf den Hügelkämmen der Wüste ritt die Sonne, ritt das Grün zu Tode, das sich unentwegt hervorwagte. Vor dem Dorf lag eine langgestreckte, gelbbraune Düne auf der Lauer und wartete. Ihre Abhänge waren wellenförmig geriffelt, sie schienen fest; der Kamm lag wie ein gebeugter, zum Drücken bereiter Arm da, in dessen Winkel sich einige Dattelpalmen zusammengerottet hatten.

Der Oberst blickte gleichmütig über das Dorf, mit halbgeschlossenen Augen. Sein magerer, ausgezehrter Körper zitterte. Er spürte, wie sich in der Achselhöhle Schweißtropfen lösten und langsam und kalt zur Hüfte hinabrollten, wo sie vom Hemd aufgesogen wurden. Er stemmte die dünnen Oberschenkel gegen das Fensterbrett, fuhr mit der Hand in den Hemdausschnitt hinein und wischte einmal schnell über die Brust. Dann zog er die Hand heraus und betrachtete sie weit von sich gestreckt. Die innere Fläche glänzte, als ob sie mit einer Ölschicht überzogen