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In den ersten Wochen ihrer Ehe gaben sich bei Robert und Clara Schumann die Gäste die Klinke in die Hand. So viel hatte man über das junge Paar geredet, geflüstert und geurteilt, dass sie nun – als etablierte Eheleute – fast noch interessanter schienen als zuvor, wo täglich neue Einzelheiten über die Widrigkeiten kolportiert worden waren, mit denen sie zu kämpfen hatten. Jetzt – nach der Hochzeit – fragte man sich, wie es wohl weitergehen werde mit diesen beiden jungen Menschen, deren Talent so viel versprach. Wie hatten sie die schmutzigen, gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Claras Vater überstanden, der diese Verbindung bis aufs Messer bekämpft hatte?
Als eigensinnige, undankbare Tochter hatten die einen Clara beschimpft, während die anderen – die romantischen Kinder des neuen Zeitgeistes – inständig hofften, dass sich Claras große, unendliche Liebe zu dem Mann, der vom Schicksal für sie bestimmt war, erfüllen mochte. Das »Liebespaar des Jahrhunderts« hatte die Damenpresse die beiden genannt. Zur gleichen Zeit berichteten seriöse Zeitschriften von Claras unumstrittenen Erfolgen in Paris, und dass Robert Schumann an einer Sinfonie arbeite, mit der er beweisen werde, dass er der jungen Frau, die so viel für ihn aufgab, würdig sei. Ein Skandalpaar waren sie für die einen, Romeo und Julia für die anderen.
Dass Robert und Clara es ernst miteinander meinten, bewies ihre Eheschließung am12. September1840, nur einen Tag vor Claras einundzwanzigstem Geburtstag, dem Datum ihrer Volljährigkeit, an dem das Verbot des Vaters ohnedies nicht mehr gegolten hätte. Allzu lange hatte das Gerichtsurteil gebraucht, das ihnen gegen Friedrich Wiecks Willen die Heirat nun erlaubte.
»Was wäre uns nicht alles erspart geblieben, wenn wir einfach nur gewartet hätten!«, sagte Clara am Tag der Trauung zu Robert. Schnell schwieg sie dann, weil sie nicht daran erinnern wollte, mit wie viel Druck Robert ihr die Vollmacht abgepresst hatte, mit der er in ihrem Namen die Klage gegen ihren eigenen Vater einreichte.
Wenn wir einfach nur gewartet hätten … Auch Robert ging nicht auf Claras Worte ein. »Nun fängt ein neues Leben an, ein schönes Leben«, versprach er und legte den Arm um ihre Schultern.
Da nickte sie und vermied es, sich bewusst zu machen, wie wenig fröhlich diese Hochzeitsfeier verlief. Kein Übermut, keine anzüglichen Scherze auf Kosten des Bräutigams. Ernst und nachdenklich waren sie beide, erschöpft vom Streit der vergangenen Wochen, und ohne es zu wollen, übertrugen sie ihre Bangigkeit auf die wenigen Verwandten und Freunde in der Schönefelder Dorfkirche. Man musste wohl erst abwarten, wie sich das alles entwickelte. Immerhin waren die Vorzeichen dieser Hochzeit nicht gerade die besten gewesen.
Doch Clara war gesund. Sie hatte gelernt, dem Schicksal zu vertrauen und der eigenen Kraft. Trotz ihrer Jugend hatte sie schon mehr erreicht als die meisten anderen Menschen in ihrem ganzen Leben. Nicht immer war es leicht gewesen, aber jedes Mal hatte sie sich durchgesetzt. »Mein kleiner Russe!«, hatte ihr Vater sie gelobt, damals als sie noch füreinander da waren. Unzertrennlich. Immer nur Claras Erfolg als Pianistin im Visier. Dieses Band war nun zerrissen, der kleine Russe war allerdings nach wie vor stark genug, und was mit Kummer begonnen ha