: Wendy Walker
: Herzschlag der Angst Thriller
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423439213
: 1
: CHF 11.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was geschah wirklich mit Molly Clarke? Ein heftiger Sturm und ein leeres Auto irgendwo am Straßenrand. Ein Brief, der in einem Hotel in der Nähe zurückgelassen wird. Eine zerbrochene Familie, die nicht mehr zusammenfand. Alles zusammen scheint einen klaren Fall zu ergeben: Molly Clarke hat ihre Familie verlassen, um irgendwo ein neues Leben zu beginnen. So sieht es jedenfalls die Polizei. Doch zwei Wochen nach Mollys Verschwinden erhält ihre 21-jährige Tochter Nic eine Nachricht, die alles verändert. Sie hat ein angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter, aber nun ist sie die Einzige, die wirklich nach Molly sucht. Und je näher Nic der Wahrheit kommt, desto größer wird die Gefahr, in der sie selbst schwebt.

Wendy Walker ist Anwältin mit Schwerpunkt Familienrecht. Sie lebt in Connecticut und hat bereits mehrere Bestseller veröffentlicht.

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Tag eins

Der Himmel wird dunkel, während ich fahre.

Ich befehle mir, mich zu konzentrieren. Nur auf die schwarze Asphaltstraße und die doppelte gelbe Linie in der Mitte zu schauen.

Es ist, als befände ich mich in einem Tunnel, herausgeschlagen aus den braunen Maisfeldern, die sich rechts und links der Straße ins Unendliche erstrecken. Dunkelheit umgibt mich. Sie ist überall.

Ich höre, wie die Frau im Radio vom Sturm spricht, aber meine Gedanken an die Ereignisse dieses schrecklichen Tages überlagern ihre Stimme.

Auf diesem Abschnitt der Route 7 reiht sich eine neuenglische Kleinstadt an die andere – nicht die reizenden Dörfer, die man weiter südlich findet, sondern ehemalige Industriezentren, die nun verfallen.

Unbestelltes Ackerland, heruntergekommene Häuser, leer stehende Fabriken ragen wie Grabsteine empor. Ich frage mich, wo hier Menschen leben. Wo sie einkaufen. Wo sie arbeiten und essen gehen. Warum sie noch hier sind.

Ich ziehe die Schultern hoch und drücke den Rücken durch, weil ich mich so unbehaglich fühle. Es ist jedes Mal das Gleiche. Diese Städte verfolgen mich bis spät in die Nacht.

In der Ferne taucht ein Tankstellenschild auf. Eine Gas ’n’ Go. Sie liegt an der Kreuzung der Route 7 und einer gespenstischen Straße, die ins Zentrum einer dieser Kleinstädte führt. Ich bin noch nie dort abgebogen und werde es auch nie tun. Alle Reisenden, die vom südlichen Connecticut ins westliche Massachusetts fahren, scheinen genau hier tanken zu müssen. In der Umgebung dürfte es ein halbes Dutzend Internate und kleine Colleges geben, die man von der Route 7 aus erreicht. Manchmal erkenne ich Autos oder Gesichter wieder, wenn ich hier anhalte.

Und heute muss ich anhalten. Die Tankanzeige bedeutet mir, dass ich kaum noch Benzin habe.

Von der Gas ’n’ Go aus brauche ich noch zwei Stunden, bis ich ganz im Süden des Bundesstaates bin, wo ich wohne. Das grüne Willkommensschild liegt schon hinter mir.Willkommen in Connecticut.

Ich werde um kurz nach neun zu Hause ankommen. Mein Ehemann John wird im Fitnessstudio sein. Oder bei der Arbeit. Mit einem Freund in der Kneipe. Meine Tochter Nicole ist sicher auch irgendwo unterwegs. Irgendwo weit weg von mir. Sie ist gerade einundzwanzig geworden, ihr stehen alle Möglichkeiten offen. Möglichkeiten, die mich nachts wach halten, während ich auf die Uhr sehe. Auf die Tür horche.

Die Hunde werden bellen und an meinem Mantel hochspringen. Sie wollen etwas zu fressen. Die Zuneigung sparen sie sich für meinen Mann auf. Er hat sie angeschafft, nachdem Annie gestorben war, also sind es eher seine Hunde als meine.

Das Haus wird nach Reinigungsmittel und Trocknertüchern mit Lavendel riechen, weil heute Donnerstag ist, und am Donnerstag kommt der Putzdienst. Ich frage mich, ob sie daran gedacht haben, die Asche