Auf freier Wildbahn
Am meisten ärgerte den Stiefvater, dass er seinen Bekannten jetzt niemanden mehr zum Tauschen anbieten konnte. Er war einfach zu nachsichtig gewesen und hatte seiner Lebensgefährtin viel zu viel nachgesehen. Wie sonst konnte sie es wagen, sich ins Frauenhaus davonzustehlen und ihn alleine sitzen zu lassen. Dabei war er immer davon ausgegangen, sie beide würden gemeinsame Interessen haben, die man zusammen ausleben könne. Hätte sie ihm wenigstens die Tochter dagelassen, könnte er ein Auge zudrücken und sie vielleicht sogar wieder aufnehmen. Aber wie sollte er jetzt den Gefährten erklären, dass er keine Tauschobjekte mehr besäße. Dabei hatten sie so viel Spaß miteinander gehabt. Selbst das Mädchen schien Gefallen daran zu finden. Allerdings ließ die Kleine für ein paar Geschenke alles mit sich machen, sogar wenn es wehtat.
Im schlimmsten Fall würden ihn die Gesinnungsfreunde von der gemeinsamen Plattform verstoßen, sollten sie argwöhnen, er hätte sich durch unwahre Angaben bei ihnen eingeschlichen. Wenigstens hatte er noch die Videos. Aber heutzutage war es möglich, sogar Filmaufnahmen zu fälschen. Mit getürkten Fotos waren polizeiliche Ermittler ständig auf ihren Fersen und versuchten, in den Foren herumzuspionieren. Wahrscheinlich war es nur eine Frage der Zeit, bis deren Computerexperten Filme produzieren konnten, wo Kinder durch lebensechte Puppen ersetzt und die Schreie und das Blut nur noch künstlich waren.
Außerdem war es wesentlich billiger, sich im Familienkreis zu verabreden, statt in einem professionell betriebenen Folterkeller dieses unverschämt hohe Eintrittsgeld zahlen zu müssen. Vielleicht war man hier in Belgien wenigstens an seinen Filmaufnahmen interessiert. Dadurch könnte er versuchen, zumindest einen Teil der Benutzungsgebühr erlassen zu bekommen. Er hatte bereits vor Monaten von Gerüchten gehört, dass jenseits der Grenze ein besonders bizarrer Folterkeller existiere, in dem alle Arten von Getier zur Verfügung ständen. Dabei machte er sich eher etwas aus Küken als aus Hühnern.
Allerdings war selbst er überrascht, all die exotischen Tiere hier auf dem Gelände vorzufinden. Da konnten heimische Blutegel oder Haustiere wirklich nicht mithalten. Einer der Sicherheitsleute hatte ihm grinsend erklärt, erst vorgestern seien die Krokodile mit Menschenfleisch gefüttert worden, weil ein Besucher unvorsichtig gewesen wäre.
Der Stiefvater wollte weder gegen die Hausordnung verstoßen noch überhaupt Ärger machen. Offensichtlich war mit den Wachleuten nicht gut Kirschen essen. Selbstverständlich würde er alle Spielregeln befolgen. Ohne mit der Wimper zu zucken zahlte er die Leihgebühr, eine der Frauen für eine vereinbarte Zeit und bis zu einem bestimmten Grad quälen zu dürfen. Das Angebot, zusätzlich Tiere als Mitspieler zu buchen, lehnte er dankend ab. Schließlich würde er selbst den Allmächtigen verkörpern und seine natürliche Überlegenheit nicht mit Vierbeinern teilen. Weder wollte er sich auf Vergleiche mit einem Hengst einlassen noch sich sein Opfer von Raubtieren streitig machen lassen.
Außerdem befürchtete er, eines Tages mit den Aufnahmen erpresst zu werden, die sicherlich hier von jedem Kunden gemacht wurden. Man hatte ja nicht nur seine Heimatadresse überprüft, sondern auch Referenzen verlangt. Während man ihn anstandslos in einen gewöhnlichen Safaripark hineingelassen hätte, wurde hier erst einmal sein Leumund gecheckt. Die Familienaufnahmen hatte man zwar interessiert betrachtet, aber kein Interesse gezeigt, sie ihm abzukaufen. Mit ihren lokal aufgenommenen Filmen könne er sowieso nicht mithalten. Das war ihm ein weiterer Hinweis, dass man Beweismaterial sammelte und die Tierfilme vielleicht später als Druckmittel verwenden würde. Außerdem wollte er nicht von Bekannten damit aufgezogen werden, warum er seinen Job von einem Esel habe ausführen lassen, wie auf den Aufnahmen unschwer zu erkennen sei.
Wahrscheinlich würde man auf dem Video dann aber auch sehen, dass seine Partnerin ständig weggetreten war, statt sich auf ihn einzulassen. Als er sich bei der Aufsicht darüber beschwerte, wie teilnahmslos das Mädchen reagiere, hatte man ihm angeboten, sie gegen eine andere auszutauschen. Aber die Ersatzfrau wimmerte bereits, bevor er noch richtig anfangen konnte. Zudem hatte sie am ganzen Körper offene Wunden, die selbst ihn abstießen. Reumütig war er wieder zu der Kleinen zurückgekehrt, die sich anscheinend derart mit Drogen zugedröhnt hatte, dass sie kaum noch mitbekam, was er sich für sie ausgedacht hatte. Wenigstens leistete sie seinen Anweisungen Folge, wenn auch ihre Reaktionen auf die Folter zu wünschen übrigließen.
Am liebsten hätte er die Minderjährige gebucht, die ihm zur Begrüßung ein Bier gebracht hatte. Die Bedienung war außerg