DER UNFALL
16.
Luke läuft zur anderen Seite der Brücke. Ein leichter Wind siebt den Nebel, der sich an den Fluss geschmiegt hat. Er wartet, bis sich seine Augen an den Anblick gewöhnt haben.
Auf dem Serenity Pond herrscht Aufruhr. Luke befindet sich so weit oben, dass er die ganze Szene beobachten kann. Ein Boot ist gekentert. Es sieht aus wie ein Amphibienfahrzeug, ein überdachtes Ausflugsboot, das bei gutem Wetter für kurze Fahrten benutzt wird. Im Wasser treiben kleine Punkte. Er sieht Kahlköpfe und weißes Haar. Das sind alte Leute.
Helfer laufen an den Schlammwänden entlang und werfen Seile und gelbe Schwimmwesten, die durch den Dunst fliegen. Luke sucht eine sinnvolle Erklärung, doch es gibt nur wenige Möglichkeiten: Aus irgendeinem Grund müssen sie im Nebel abgelegt haben. Sie haben irgendetwas gerammt.
Als das Boot sich wieder aufrichtet, strömt Wasser über das Deck. Das Dach bleibt an der Oberfläche, bis riesige Luftblasen hervorsprudeln: Das Boot dreht sich und geht unter. Solange es noch schwamm, hatten sie Hoffnung. Doch die hat sich zerschlagen. Sie wissen nicht, wie sie sich retten sollen, sind starr vor Angst.
Es ist eine Katastrophe im Kleinformat. Das Flehen der leisen Stimmen verwandelt sich in Geschrei.
Die Leute sehen den Tod vor Augen.
Ein Ruderboot kämpft sich zu der zerfransten Girlande aus Schreien und fuchtelnden Armen. Die Leute klammern sich daran fest.
Einige versuchen, sich zu retten. Ein Schwimmer löst sich aus der Gruppe und zieht eine kaum sichtbare Spur. Ein zweiter folgt ihm, wird aber von jemandem festgehalten, der zu ertrinken droht. Die beiden gehen unter, doch als der Schwimmer wieder auftaucht, hält er ein Seil, mit dem sie an Land gezogen werden.
Ein zweites Ruderboot ist neben den Schaulustigen an der Anlegestelle befestigt. Es ist leer und einsatzbereit. Eigentlich müssten sie längst abgelegt haben. Er könnte schwören, dass sie nichts anderes tun als glotzen.
Filmt da etwa einer von ihnen das Unglück?
Der Teich ist nicht weit von der Brücke entfernt – gerade mal zwei Minuten. Doch Luke dürfte zu spät kommen, um den Leuten im Wasser zu helfen, denn es ist jetzt schon zu spät. Alle, die überleben werden, wurden bereits gerettet.
Auf seinem hohen Beobachtungsposten regt sich sein Gewissen. Nur einen Steinwurf von den unnützen Schaulustigen entfernt, kämpfen diese alten Leute immer noch um ihr Leben.
Luke läuft zum anderen Ende der Brücke und rennt auf dem Pfad am Ufer in Richtung Teich, nur einen falschen Schritt vom Felsvorsprung entfernt. Sollte der tiefliegende Dunst, den er durchquert, eine Felsspalte sein, wird er den Hang hinab in den