KAPITEL 3
Eine Freundin in der Not ist eine wahre Freundin und ich hätte mir keine bessere wünschen können als meineBFF, Betty Cooper. Unser Leben in Manhattan hatte zwar in vielerlei Hinsicht keine Wünsche offen gelassen, aber die berühmt-berüchtigte Schicksalswende meiner Familie hatte auch jede Menge Giftschlangen enthüllt, die durch unser stets grüneres Gras gekrochen waren. Damals war mir der Umzug nach Riverdale wie ein noch schlimmeres Los erschienen als der Tod – in eine Stadt ins Exil verbannt zu werden, die ich noch nicht mal auf der Landkarte finden konnte und in der ich gegen einen doppelten Ruf ankämpfen musste: Ich war das verwöhnte reiche High Society Girl und die Tochter eines in Ungnade gefallenen Kriminellen.
Doch trotz all der demütigenden Pfeile und Schleudern würde ich das Ganze ohne zu zögern noch mal durchmachen, nur, um Betty kennenzulernen.
Okay, vielleicht nicht die Sache mit dem Serienmörder. Oder diese ganze Saga, in der mein Vater einen Mann hatte umbringen lassen, um den Mord dann meinem Freund anzuhängen, aber … Ihr wisst schon, das ganze andere Zeug eben.
Ich traf als Erste in der Bibliothek ein, deren mit Schindeln verkleidetes Äußeres erst vor Kurzem frisch weiß getüncht worden war, und auch der Blumengarten glich einem wahren Dschungel aus saftig-grünen Blättern. Ganz gleich, wie sehr Daddy mir auch eingetrichtert hatte, vor Gästen, der Bundespolizei und Livekameras unerschütterlich zu wirken, der kurze Weg vom Five Seasons hierher hatte mich kompletterschüttert. Es lag nicht daran, dass ich jemanden dabei erwischt hätte, wie er mir folgte – ich bildete mir ein,alle dabei erwischt zu haben, wie sie mir folgten.
Es war absurd, eine paranoide Wahnvorstellung – und was noch viel schlimmer war: Das wusste ich selbst. Aber ich konnte einfach das Gefühl nicht abschütteln, beobachtet zu werden. Die Nacht des 4. Juli blitzte wieder in meiner Erinnerung auf, wie eine funkelnde Wunderkerze, die meine Schuld für alle sichtbar in die Luft malte. Die Grabesstille in der Parkgarage, der Teppich aus Glasscherben … die beiden Deputys, die die Treppenhäuser und schattigen Ecken gewissenhaft absuchten, aber nichts fanden. Es war definitiv niemand dort gewesen, und doch wusste irgendjemand über die ganze Sache Bescheid.
Oder nicht?
»Wenn du mich hierhergelockt hast, damit ich dir ein paar Buchempfehlungen gebe, die ich dir auch genauso gut aufs Handy hätte schicken können, dann werde ich ein bisschen sauer.« Die Stimme über meiner Schulter erschreckte mich. Ich wirbelte herum und sah, dass Bettyvor mir stand. »Aber nur ein bisschen. Meine Mom macht heute auf Alice Cooperextrem.«
Betty sah … nun, sie sah aus wiesieselbst: makellos, farblich perfekt abgestimmt und in Pastelltöne gekleidet, ihre blonden Locken zu ihrem typischen Pferdeschwanz zusammengefasst. Sie war das personifizierte Gegenteil von Schwierigkeiten und ich schlang voller Erleichterung die Arme um sie und drückte sie an mich.
»Wow! Nicht dass ich was gegen diese öffentliche Zuneigungsbekundung hätte, V, aber was ist denn hier los? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. Oder vielleicht sogar einen Geist, der gerade einen anderen Geist ermordet hat.«
»Ich bin nur … froh, dass du da bist«, murmelte ich