: Nkechi Madubuko
: Erziehung zur Vielfalt Wie Kinder einen wertschätzenden Umgang mit Unterschieden lernen
: Kösel
: 9783641281021
: 1
: CHF 13.20
:
: Familie
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Erziehung braucht den Blick auf Vielfalt
Der Alltag in Deutschland ist längst multikulturell und Kinder kommen durch Gleichaltrige mit anderen Familienmodellen, Religionen, Hautfarben oder Sprachen in Berührung. Doch diese Vielfalt führt auch unter Kindergarten- und Grundschul-Kindern nicht automatisch dazu, dass alle auch 'gleich' wahrgenommen und behandelt werden. Mit diesem Buch zeigt die Diversity-Expertin Nkechi Madubuko Eltern Wege auf, wie sie ihre Kinder vorurteilsbewusster erziehen und für Vielfalt sensibilisieren können. Eltern legen die Grundlagen für die kindliche Wahrnehmung anderer und die Offenheit gegenüber Unterschieden - im Denken, in der Sprache und im Handeln. Dieser alltagsnahe Ratgeber hilft Eltern mit Fallbeispielen und Tipps dabei, über die Erziehung ihrer Kinder Ausgrenzung, Alltagsrassismus und Diskriminierung etwas entgegen zu setzen.

Dr. Nkechi Madubuko ist promovierte Soziologin, Diversity-Trainerin, ausgebildete Fernsehjournalistin (ZDF) und arbeitet als Dozentin an der Universität Kassel. Als Autorin veröffentlichte sie mehrere Artikel und Bücher, u.a. 'Empowerment als Erziehungsaufgabe', das erste deutschsprachige Buch zu Empowerment im Umgang mit Rassismuserfahrungen für Kinder und Jugendliche. Sie gibt Trainings für Eltern, Erzieher*innen und Lehrpersonal zu Empowerment, Verarbeitung von Rassismuserfahrungen, rassismuskritischer Bildung, diversitätssensiblem Umgang und Empowerment-Orientierung im Kontext Schule. Über 20 Jahre war sie als freie Moderatorin u.a. für Viva zwei, DSF, ZDF, das Bundesamt für Familie und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes tätig. Nkechi Madubuko ist dreifache Mutter.

Einleitung


Mia hat deutsche Wurzeln, ist weiß und konfessionslos, Fatimas Familie kommt aus der Türkei und ist muslimischen Glaubens. Patrik hat kongolesische Eltern und ist blind. David ist gehörlos, Marc hat zwei Mamas und spricht drei Sprachen, Janines Mutter ist alleinerziehend und hat wenig Einkommen. Nicht jedes dieser Kinder ist in Deutschland geboren, und doch besuchen sie gemeinsam eine Klasse. Alle Kinder bringen eine eigene Lebenswelt mit. Sie wachsen in Patchworkfamilien oder Ein-Eltern-Haushalten auf. Sie haben eine weiße oder dunklere Hautfarbe, sprechen zum Teil eine andere Erstsprache als Deutsch, sind von Beeinträchtigungen betroffen, haben unterschiedliche Herkunftsländer oder Wurzeln und daran gebundene Erfahrungen. Können diese Kinder auch befreundet sein und unbefangen miteinander spielen? Ich sage ja, wenn Eltern entsprechend sensibilisiert sind. Dieses Buch erklärt, woran Offenheit oft scheitert. Es zeigt Ihnen als Eltern und Bezugspersonen Wege auf, Kindern in der Erziehung eine wertschätzende Haltung gegenüber Vielfalt zu vermitteln. Denn ob Sprache, Hautfarbe, Kleidung oder Beeinträchtigungen eine Rolle für Freundschaften spielen, hängt davon ab, was die Kinder in ihrem täglichen Umfeld, besonders von Eltern und anderen Familienmitgliedern, lernen, sehen und hören, ob sie Bücher lesen und Spielsachen haben, die Vielfalt zulassen.

Vielfalt beziehungsweise Diversität oder Diversity beschäftigt sich mit Eigenschaften und Merkmalen, die Menschen voneinander unterscheiden und gesellschaftliche Zugänge und Teilhabe bestimmen – auch schon bei Kindern.1 Für sie sollte es selbstverständlich sein, beispielsweise in der Schule gleich bewertet zu werden, unabhängig von der Herkunft. Dem ist aber nicht so. Menschen werden anhand dieser Merkmale von anderen praktisch »gelesen«. Welche Merkmale sind das? Marilyn Loden und Judy B. Rosener nennen in ihrem Diversity-Ansatz Hautfarbe, Alter, ethnische und kulturelle Herkunft, sexuelle Orientierung, physische Fähigkeiten, Geschlecht, Weltanschauung/Religion, Einkommen, Sprache, eigene Bildung und die der Eltern sowie Familienstand.2 Schon Kleinkinder speichern entsprechende Bewertungen über Merkmale ab. Erwachsene sind dabei nicht immer gute Vorbilder, denn sie können falsch liegen: etwa, wenn sie Schwarze Menschen3 auf Englisch ansprechen, weil sie aufgrund der Hautfarbe davon ausgehen, diese würden kein Deutsch verstehen. Als »asiatisch« gelesene Menschen erlebten in der ersten Phase der Covid-Pandemie 2020 Beschimpfungen und rassistische Diskriminierung vor dem Hintergrund der Annahme, alle, die »chinesisch« aussähen, seien eine Virengefahr.

Unsere heutige Gesellschaft in Deutschland wird vielfach als tolerant wahrgenommen, vor allem dann, wenn man mit seinen eigenen Vielfaltskombinationen Akzeptanz erlebt. Dennoch werden Kinder und Familien täglich diskriminiert. Schmerzhaft erleben sie, was Herabsetzungen mit ihrem Leben machen. Rassismus beispielsweise hat viele Gesichter. Er begegnet Betroffenen bei der Wohnungssuche, wenn sie aufgrund des Namens und ihrer Herkunft nicht für eine Mietwohnung in Betracht kommen, wenn sie bei Bewerbungen von vornherein aussortiert oder erst gar nicht eingeladen werden, wenn ihre Kinder geärgert werden oder offene Beschimpfungen aushalten müssen. Schon die Kleinen erleben, vom Spiel ausgeschlossen zu werden. Pädagogisches Personal, dem teilweise selbst das Bewusstsein für Diskriminierung fehlt, schützt sie nicht unbedingt. Schule und Kita können so zu einem andauernden Stressfaktor werden bis zu dem Punkt, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr hingehen möchten und schon allein bei dem Gedanken daran Bauchschmerzen bekommen. Ob sie der vermittelten »Norm« entsprechen, wird Kindern mit zunehmendem Alter bewusst, wenn sie häufiger auf eine