3. Dezember 2014
Glück 07:59
Die junge Chinesin, die die heruntergefallenen Blätter der Gingkobäume vor dem Restaurant zusammenfegt und dabei ein chinesisches Lied singt. Ihre gelben Hosen, ihre braunen Stulpen, der Schal, den sie um den Kopf gewickelt hat. Die Vogelkäfige aus Bambus, die an den Bäumen hängen. Leer, offensichtlich nie wirklich dafür benutzt, Vögel darin gefangen zu halten, sind sie schön. Tatsächliche Vögel in tatsächlichen Käfigen zu halten ist hingegen Barbarei.
Tausende von Tricks. Bei der Arbeit singen.
4. Dezember 2014
»Er macht ja wohl ihren Sarg«
Das Zitat im Titel ist das Ergebnis eines Spiels. Das Spiel geht so:
1. Greife dir das Buch, das dir am schnellsten in die Hand fällt.
2. Suche den 5. Satz auf der 23. Seite heraus.
In diesem Fall: Hans Fallada:Der Bettler, der Glück bringt, Aufbau 2012. Frühe und späte Erzählungen und die »Geschichten aus der Murkelei«. Der beste Text im Band: Birgit Vanderbekes Nachwort.
Über dieses Spiel erfahren habe ich aus dem Blog von Hazugvirág, den ich lese, um etwas gegen das Gefühl der Sinnlosigkeit zu tun. Dagegen, und gegen die Scham, die ich empfinde, weil ich gerade Verträge über drei Bücher abgeschlossen habe, obwohl ich denke, dass es sinnlos ist, sie zu schreiben. Ich hätte das nicht tun dürfen, auch nicht, wenn mir meine Agentin sagt, alle täten es, und was wisse ich schon darüber, ob es wirklich sinnlos sei, der Sinn könne sich unterwegs finden bzw. fände sich unterwegs, und warum sollte ich bei dieser Suche nicht abgesichert sein, wenn ich schon die Chance dafür hätte.
Ich werde das niemals einspielen.
Sie: Na und?
Aber das mit den Büchern ist es nicht allein. Die Oberflächlichkeit aller Kommunikation. In den sozialen Medien, klar. In den alltäglichen und flüchtigen Begegnungen mit denen, die man nur oberflächlich kennt, klar. In den Begegnungen mit denen, die man etwas besser kennt, und daher weiß, dass nichts Tieferes zu erwarten ist, klar. Aber auch in den Begegnungen mit Freunden, die ja gerade deswegen die Freunde sind, weil eine tiefere Kommunikation möglich wäre, man bewegt sich intellektuell und emotionell im gleichen Bereich, es wäre also möglich – aber es passiert einfach zu selten. In der Mitte des Lebens hast du keine Zeit. Keine Zeit zu haben sieht so aus, dass ihr es mit Hängen und Würgen dreimal im Jahr schafft, euch für 2 Stunden zu sehen. Dann hechelt ihr die Oberflächen durch, denn diese müssen immer zuerst durchgehechelt werden, und bevor es tiefer werden könnte, müsst ihr weiter. Als Ergebnis davon habe ich das Gefühl, selbst »meinen Leuten« gegenüber nicht ehrlich sein zu können. Dabei lüge ich fast nie. Ich musste meine Kindheit damit verbringen, permanent Kritik dafür einzustecken, wenn ich als ich selbst zu sichtbar wurde. Als Folge davon verstelle ich mich niemals wieder mehr. Grundsätzlich sind auch meine Oberflächen aufrichtig, aber dadur