Kapitel 2
Draußen platschte ein saumäßiger Regen nieder und trommelte wie Gene Krupa auf meinem Hut. Haselnussgroße, fette Tropfen, und dazu ein kalter Wind. Mein Blick fiel auf die Werbetafel eines der bemerkenswert vielen Reisebüros. »Steigen Sie aus!« stand da zu lesen, und dazu gab es einen blütenweißen Strand zu sehen, auf dem sich ein paar braungebrannte Schönheiten räkelten, wie man sie hier niemals zu sehen bekam. Vielleicht in Brasilien.
»Ja, genau, Brasilien«, sagte eine der Stimmen, die ich manchmal hörte. »Sie können jederzeit dorthin gehen.«
Blödsinn. Zuerst musste ich die Sache zu Ende bringen. Ich hatte einen Auftrag.
Gott, ich war dankbar, dass Eddie mir meine Eier gelassen hatte. So konnte ich beim Anblick des Plakates träumen und mir vorstellen, die milchkaffeebraunen Schönheiten der Reihe nach im heißen Sand zu ficken. Weit und breit war auf dem Bild kein Mann zu sehen, und einer musste den Job ja schließlich machen.
»Steigen Sie aus!«
Die Schrift prangte in riesigen Buchstaben vor meinen Augen, aber nein, vielen Dank für das Angebot. Soweit war ich noch nicht.
Okay, ich kam zumindest wieder so einigermaßen zu mir. Immerhin gut genug, um den Weg zu meinem Büro einzuschlagen, wo eine schöne Flasche Whisky auf mich wartete. Ein paar Schlucke daraus würden meine Lebensgeister im Nu wieder wecken und vielleicht die brasilianischen Girls aus meinen Gedanken vertreiben, die mir in meiner Phantasie schon an die Hose gingen, um nachzusehen, ob Eddie wirklich alles heil gelassen hatte.
Soso, ich sollte also die Finger von der Sache mit dem Mädchen lassen. Klar, es wäre sicherlich gesünder für mich, der von Eddie überbrachten Bitte nachzukommen, denn ein zweites Gespräch dieser Art mit meinem Kumpel würde ich sicher nicht so einfach überstehen.
Aber es gab zwei sehr gute Gründe, nicht auf Eddie zu hören. Erstens musste dieser Fall verdammt interessant sein, wenn jemand verhindern wollte, dass ich irgendetwas herausfinden konnte, und zweitens hatte ich das Mädchen auf Fotos gesehen, und sie war so rattenscharf, dass ich erneut dankbar für meine Eier war. Ich wollte die Kleine finden und retten, und sie durfte sich dafür sehr gerne erkenntlich zeigen – mit dem Mund, mit der Möse und mit dem Arsch!
»Haben Sie etwas über Ilsa herausgefunden, Mr Caulfield?«
Da wir gerade von rattenscharfen Bräuten reden: Diejenige, die diese Worte an mich richtete, musste schon eine halbe Ewigkeit vor meinem Büro auf mich gewartet haben und war kein bisschen weniger heiß als die Kleine, die ich suchen sollte. Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm, denn die Lady hier war schließlich Mrs Angel Haller, die Mutter des Mädchens – eine Frau, für deren Aussehen und Ausstrahlung das Wort »Sünde« erfunden worden war. Aus jeder Pore dieses dunklen, verruchten Engels perlte der pure Sex und erfüllte die Luft um sie herum wie schweres Parfum. Vergiss die brasilianischen Nutten am Strand, dachte ich mir, leg lieber die Lady flach! Warum denn in die Ferne schweifen …?
»Oh Gott, Mr Caulfield«, seufzte sie, als ich meinen Hut abnahm und sie mich aus der Nähe sah. Sie legte eine Hand auf ihre linke Titte, als würde ihr das Herz stehenbleiben, und fragte: »Ist alles in Ordnung?«
Das war bei meinem Anblick so ziemlich die blödeste Frage, die man überhaupt stellen konnte. Was sollte ich darauf antworten? Vielleicht »Aber natürlich, ich sehe immer so aus, als hätte ich mir ein kleines Sparring mit einer kompletten Football-Mannschaft gegönnt!« Aber einer Frau wie ihr nahm ich solche Fragen natürlich nicht übel.
»Alles okay«, antwortete ich und grinste, was verdammt weh tat. »Ich hatte ein paar kleine Probleme.«
»Oh Gott, Mr Caulfield.«
»Das sagten Sie bereits, Lady!«
»Kann ich etwas für Sie tun?«
Es lag mir auf der Zunge, dass sie mir gerne einen blasen konnte, denn danach würde ich mich auf jeden Fall besser fühlen. Aber natürlich sagte ich das nicht. Manche Kundinnen waren in dieser Hinsicht nicht sehr aufgeschlossen.
»Keine Sorge, Mrs Haller, alles bestens.«
»Ich hoffe, ihr Zustand hat nichts mit meiner Tochter zu tun?«
Merkwürdig war, dass sie immer von ihrer Tochter redete, als hätte ihr Gatte, der ebenso steinreiche wie zwielichtige Herman Haller, nichts damit zu tun. Dabei war er der Vater des Mädchens. Zumindest wurde das allgemein behauptet und von ihm nicht angefochten. Aber man konnte nie wissen.
»Genaugenommen schon«, antwortete ich und legte dabei ein bisschen Leiden in meine Stimme. Vielleicht bekam Angel Haller ja bei meinem Anblick Schuldgefühle und würde mir mein Leid gerne ein wenig lindern. Ich hatte nichts dagegen.
»Oh, das tut mir schrecklich leid!« Sie klang so überzeugend, dass ich es ihr sogar glaubte. Andererseits war sie unter anderem Schauspielerin gewesen, bevor Herman Haller sie geheiratet hatte. Und Schauspielerinnen konnte man nicht trauen. »Was ist passiert?«
Ich schloss mein Büro auf und bat sie herein. Angel Haller betrat meine Räume, die weit unter ihrem Niveau waren, mit einer Selbstverständlichkeit und Arroganz, die für Menschen ihrer gesellschaftlichen Stellung völlig normal waren. Und verdammt, ich fand diese Hochnäsigkeit enorm sexy. Ich meine, diese Lady wartete nicht einmal darauf, dass ich sie bat, Platz zu nehmen. So etwas hatte sie nicht nötig. Sie setzte sich einfach in den Sessel vor meinem Schreibtisch. Als s