Kapitel 1
Kailey
Den Drachen mit den blauen Schuppen bemerkte ich viel zu spät, weil er ohne jede Vorwarnung aus dem Meer schoss und direkt auf mich zuhielt. Tja, das war’s dann wohl mit meinem freien Tag in der Sonne. Noch im Aufspringen riss ich meine Messer aus beiden Seiten meines Hüftgürtels, die sich sofort in Schwerter verwandelten, und blieb an Ort und Stelle stehen, um den Drachen so nah wie möglich Richtung Boden zu zwingen – und weil ich für weitere Manöver ohnehin keine Zeit mehr hatte. Als er nahezu über mir war und sein Maul mit den Reißzähnen aufriss, warf ich die Arme in die Luft. Mit dem einen Schwert drang ich in die Mundhöhle des Drachen ein, mit dem anderen in seine empfindliche Bauchgegend. Warmes Blut tropfte auf mich herab, doch das war nicht der Grund, warum ich die Schwerter ruckartig zurückzog und mich zur Seite rollte. Der Drache prallte fast auf dem Boden auf, brüllte vor Schmerzen. Ich stieß mich von der Wiese ab und sprang auf seinen Rücken. Zwar war die Schuppenschicht dort härter, doch das Ungetüm konnte sich so schlechter zur Wehr setzen. Außerdem kannte ich seine Schwachstellen. Ich rammte ihm eines der Schwerter in den Nacken, während ich das andere wie einen Wurfstern Richtung Flanke schleuderte, wo es stecken blieb. Inzwischen waren die Schmerzensschreie des Drachen ohrenbetäubend – und sie lockten einen weiteren an. Das Vieh mit den roten Schuppen war nur unbedeutend kleiner als der Drache mit den blauen Schuppen, der nun endgültig auf den Boden krachte und dort einen Kampf um sein Leben ausfocht, den er zweifelsohne verlieren würde.
Ich rutschte den Rücken des Biests hinunter und befreite mein Schwert aus dessen Flanke. Lautlos kam ich auf dem weichen Gras auf. Derweil schoss der rot geschuppte Drache auf mich zu und riss sein Maul auf, um mich mit seinem Feuer zu attackieren. Ich schnaubte. Also bitte, mehr hatte er nicht zu bieten? Für mich als Feuerwandlerin war es ein Leichtes, die Flammen in Rauch zu verwandeln, der dem Drachen den Blick vernebelte. Er versuchte, sich stattdessen auf seine anderen Sinnesorgane zu konzentrieren, doch im Gegensatz zu ihm hatte ich keinerlei Probleme, durch den Rauch hindurchzusehen. Schon durchbohrte mein Schwert sein Auge, das andere drang in seinen Rachen ein. Der Drache brüllte, schlug blind mit Krallen und Schwanz um sich. Fast hätte er mich erwischt, doch ich sprang gerade noch rechtzeitig darüber hinweg, bevor ich ihm beide Schwerter in die Flanke rammte, während ich zurück auf den Boden segelte. Die Schmerzen ließen den Drachen seine letzten Kräfte mobilisieren, aber er war bereits zu schwach, um mir noch gefährlich zu werden. Es war eine meiner leichtesten Übungen, ihn immer wieder zielgenau zu attackieren, bis er den Kampf schließlich aufgab. Ich blieb in Angriffsposition und suchte den Himmel nach weiteren Ungetümen ab. Es kamen keine.
Der blau geschuppte Drache löste sich vor meinen Augen in Luft auf, kurz darauf folgte sein rot geschuppter Gefährte. Die Wiese, die eben noch blutdurchtränkt gewesen war, zeigte sich wieder in einem saftigen Grün. Nichts erinnerte mehr an den Kampf, der hier vor wenigen Minuten stattgefunden hatte.
Okay, so gut wie nichts, denn mein eng anliegendes grünes Kleid hatte einen Riss rechts an der Taille, wo mich offensichtlich eine der Klauen erwischt hatte. Außerdem war ich pitschnass von dem Tropfwasser des blauen Drachen, das er mitgebracht hatte, als er aus dem Meer direkt über mich hinweggeflogen war. Aber ich wollte mich nicht beschweren. Im Grunde musste ich schon froh sein, dass wenigstens das Blut verschwunden war, Drachenblut ließ sich nämlich nur sehr sc