: Bertram Dickerhof
: Vom Lieben und vom Sterben Auf der Suche nach dem Kern des Christlichen
: Echter Verlag
: 9783429065263
: 1
: CHF 18.60
:
: Christliche Religionen
: German
: 306
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Kern des Christlichen liegt in der Verwandlung des Menschen. Strukturen, Rituale, Moral können dabei unterstützen. Doch das Entscheidende auf diesem Weg sieht Bertram Dickerhof im bewussten Durchleben von Grenzsituationen. Diese legen das Illusionäre und Selbstsüchtige des eigenen Strebens offen. Wird das vom Menschen erkannt und angenommen, 'stirbt' sein bisheriges Selbstverständnis und sein wahrer Grund öffnet sich. Es ist der Grund aller Wirklichkeit: unbedingte Liebe, eine Liebe, die ihn dazu befreit, aus der Einheit mit diesem Grund zu leben und darin bleibende Erfüllung zu finden. Das Aushalten an Grenzen bedarf der Einübung. Ihr Ort ist das Beten im Geist des Vaterunsers und der Seligpreisungen - ein Beten, das im Innewerden verweilt, unterscheidet und so in den Alltag hineinwirkt.

Bertram Dickerhof, Jesuit, Mathematiker und Theologe, Trainer für Gruppendynamik und Lehrer für Vipassana-Meditation, gründete 2003 die Christliche Lebensschule Ashram Jesu, die Suchende inspiriert, ihren persönlichen spirituellen Weg zu entdecken und zu gehen.

Prolog

Zu allen Zeiten und in allen Gegenden der Welt verspürten und verspüren Menschen eine Sehnsucht, die durch nichts auf der Welt zu erfüllen ist, weil sie über alles Irdische hinausgeht. Sie kann erweckt werden durch Glück, das im Leben erfahren wird und nach Ewigkeit ruft. Oder durch im Alltag erlebten Sinn, der das Verlangen erweckt nach einem umfassenden und absoluten Sinn, der allem zu Grunde liegt. Irdische Ungerechtigkeit dürstet nach wahrer Gerechtigkeit, irdische Liebe ersehnt ewige Vollendung, irdisches Leid braucht verwandelnde Versöhnung der Existenz.

Die Schriften aller Religionen bezeugen die Erfahrungen und Einsichten von Menschen, die zu allen Zeiten einen Weg suchten zur Erfüllung dieser Sehnsucht. Diese Sehnsucht hat auch mich vor vielen Jahren ergriffen. Ich bin ihr gefolgt und habe dabei neu zum Christlichen gefunden. Bei aller Hochachtung für die anderen Religionen und bei aller Dankbarkeit für die Bereicherung durch sie ist das Christliche, ist Jesus von Nazareth der für mich maßgebliche Orientierungsrahmen. Ein solcher ist nötig. Denn die Sehnsucht hört nicht auf, und der Weg zu ihrer Erfüllung zieht sich durchs ganze Leben.

Die Grundzüge dieses Suchens finden sich bereits auf den ersten Seiten des Neuen Testaments in der Legende von den Sterndeutern, den Magiern aus dem Osten. Aus einem ganz anderen Kulturkreis stammend, stehen sie der Welt des Judentums vor 2000 Jahren ähnlich fremd gegenüber wie wir heute. Bar kultureller Eigenheiten betrifft ihre Suche das Menschsein überhaupt. So können wir uns in ihr wiederfinden und sie begleiten. Mit ihrer Geschichte soll unsere „Suche nach dem Kern des Christlichen“ beginnen:

Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, siehe, da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohepriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren werden solle. Sie antworteten ihm: in Betlehem in Judäa; denn so steht es geschrieben bei dem Propheten: Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach dem Kind; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige! Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land (Mt 2,1–12).1

Die „Magier aus dem Osten“ – hier wohl deshalb mit Sterndeuter übersetzt, um das Missverständnis zu vermeiden, sie hätten etwas mit Magie zu tun – werden A