: Angela Steinmüller, Karlheinz Steinmüller
: Pulaster Roman eines Planeten
: Memoranda Verlag
: 9783948616496
: 1
: CHF 7.00
:
: Science Fiction
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit Raumschiffen, die fast halbe Lichtgeschwindigkeit erreichen, hat sich eine interstellare Flotte der Menschen etabliert, die sowohl im Sonnensystem als auch bei anderen Sternen Stützpunkte unterhält. Einer davon befindet sich auf dem Sumpfplaneten Pulaster, wo die Hreng leben, vernunftbegabte Saurier in einer steinzeitlichen Gesellschaft. Fabius Grosser wollte auf Pulaster eigentlich nur kurz Zwischenstation machen, muss aber wegen einer seltenen Erkrankung bleiben, wahrscheinlich für immer - eine entsetzliche Aussicht für den Flottenmechaniker, der es gewohnt ist, im Kälteschlaf Lichtjahre und Jahrhunderte zu überspringen. Bald schon verwickeln ihn das Fortschrittsstreben der Menschen und der Beharrungswille der Hreng in Konflikte, die ihn dem Planeten und seinen Ureinwohnern näher bringen, als ihm lieb ist. 'Pulaster' gehört zum Zyklus um das Steinmüller-Universum und wurde mit dem Preis 'Traumfabrikant' als bester DDR-SF-Roman der Jahre 1986 und '87 ausgezeichnet. 2008 von den Steinmüllers für ihre Werkausgabe überarbeitet, erscheint der Roman nunmehr mit sechs ihn umrahmenden Anhängen, von denen zwei - eine Chronologie und ein Nachwort der Autoren - hier erstmals veröffentlicht werden.

Angela und Karlheinz Steinmüller zählten zu den führenden Science-Fiction-Autoren der DDR. Angela (*1941) ist Diplom-Mathematikerin, Karlheinz (*1950) Diplom-Physiker und Doktor der Philosophie, seit den Neunzigerjahren auch einer der angesehensten deutschen Futurologen. 1982 wurde der Roman 'Andymon' zum beliebtesten SF-Buch der DDR gewählt. Die Steinmüllers wurden dreimal mit dem Kurd Laßwitz Preis für die beste deutschsprachige Erzählung ausgezeichnet - Angela allein, beide zusammen sowie zu dritt mit Erik Simon.

Der Liebesschuß der Tirambia

Als ein unverrückbares Wahrzeichen der Menschenmacht thronte die Pyramide über Dschungel und Sumpf. Sie beherbergte alles, was für die Flotte und ihr Personal wichtig war: Leitungsbüros und Kantine, das Nachrichtenzentrum und Freizeiträume. Fabius bezog vorerst ein Gästeappartement in der sechsten Etage. Er fühlte sich zerschlagen von der Pulasterschwere und übersättigt von all den neuen Eindrücken, zugleich aber war er zu aufgeregt, um sich gleich von seinem Deltawellen-Stimulator in Schlaf versetzen zu lassen. Also ließ er sich auf der Terrasse, die eine ganze Seite der Pyramide einnahm, den kühlen Wind um den Kopf blasen. Der Regen, zum Glück, hatte aufgehört.

Die Luft quoll über von unbekannten Gerüchen, und neben einer ekelhaften, säuerlich-rauhen Komponente wehte ein Duft wie von betäubenden Blumen oder einem der maßgeschneiderten Parfüms aus dem 27. Jahrhundert heran. Die Atmosphäre sei biologisch unschädlich und chemisch inaktiv, hatten ihm die Raumdienstler in der Orbitalstation versichert. Den vorherrschenden Gestank hatten sie verschwiegen. Flottenangehörige haben keine Nase.

Mit beiden Händen stützte er sich auf die Stahlrohrbrüstung, die die Terrasse umgab. Was sollte aus ihm werden? Er war »transitunfähig« geschrieben. Nach den Regeln der Flotte konnte er sich zur Ruhe setzen – mit gerade einmal 35 Biojahren – und dann auch noch auf dem sumpfigsten Planeten im ganzen Universum! Ein Flug mehr, und die Erdsonne hätte für ihn geleuchtet! Ruhestand auf Pulaster, das verhieß Langeweile bis zum Tod. Aber er sollte sich nichts vormachen. Für die Flotte war er bereits gestorben. Ein Eintagsmensch. Auf einem Planeten gescheitert. Dennoch mußte er sich eine Beschäftigung suchen. Aber brauchte man auf einem Planeten Antriebstechniker? Also hieß es umlernen. Wahrscheinlich auf Saurierkunde, was sonst … Einen Lichtblick gab es: Mit dem nächsten Schiff kam Iris. Er schloß die Augen und schwelgte einen Moment in Erinnerungen. Das abgedunkelte Planetarium der Flottenakademie, monoton säuselte der Lehrroboter (ebenfalls in bestem Retro-Design) von nahen Doppelsternen und den verschlungenen Bahnen ihrer Planeten. Auch seine Hände folgten verschlungenen Bahnen, als sie nach Iris tasteten. Mit keinem Laut durften sie sich den anderen verraten, was den Reiz noch erhöhte … Sex unter freiem künstlichen Sternenhimmel … Mein Gott, war er damals in Iris verknallt gewesen! Dann, nach der Akademie, hatten sich ihre Wege getrennt. Aber über all die Zeit, trotz Parsecs Distanz war sie seine Vertraute geblieben. Das lag nicht zuletzt daran, daß sie beide aus Kokkygia stammten, der Zylinderwelt, die einst um die Erde gekreist war. – Mit Iris konnte er seine Situation besprechen. Sie allein verstand ihn.

Zuvor aber wollte und sollte er sich mit Pulaster anfreunden. Der Planet hatte doch gewiß auch seine Reize. Den grau verhangenen Himmel etwa mußte man ja nicht unbedingt düster und trist nennen, schließlich schützte er Tiere und Pflanzen vor der angeblich zu gleißenden Sonne (die man nur nie zu Gesicht bekam), und der Nebel, der in schweren Schwaden über die flachen Dächer der Siedlung wallte, verhinderte wenigstens, daß sich der Urwaldlärm zu sehr ausbreitete. Still und träge floß ein breiter, nebelverschleierter Strom dem Meer zu. Wenn man nur richtig hinschaute, dann wehrten am nahen Hafen die Kräne mit ihren Auslegern die herandräuenden Dunstmassen majestätisch und reglos ab, und daneben am Kai träumten zwei grünbewachsene Speicherbaracken mit geschlossenen Toren davon, daß Sumpfröschen erlöst würde. – Was für einen Unsinn malte er sich da aus! Er war schlicht zu lebenslang schlechtem Wetter verurteilt …

Er riß sich zusammen. Morgen war er zum Administrator bestellt. Nicht einmal einen Tag Eingewöhnung gönnte man ihm. Dabei hatte