2.
Das Telefon klingelt. Unerwartet.
Nicht ihr Handy, an das Clare (wahrscheinlich) ohne zu überlegen sofort drangegangen wäre, nein, das andere Telefon, das Festnetz, das nur noch selten klingelt.
Sekunden, in denen man entscheiden muss: Drangehen?
Sieht, dass ihr die Rufnummer unbekannt ist. Vermutet, dass der Anruf wohl Telefonwerbung ist.
Doch an diesem regengepeitschten Morgen im April antwortet sie – sei es aus Neugier oder Einsamkeit oder Gedankenlosigkeit. »Ja? Hallo?«
Dann der Schock.
Anscheinend ist ein Fremder am anderen Ende, der sich ihr als Rechtsanwalt einer Kanzlei in Cardiff, im Bundesstaat Maine, vorstellt. Und sie darüber informiert, dass sie geerbt hat, von einer Person, deren Namen sie nie zuvor gehört hatte: »Maude Donegal aus Cardiff, Maine. Ihre Großmutter.«
»Bitte? Bitte, wer?«
»Maude Donegal – die Mutter Ihres Vaters. Sie ist im Alter von siebenundachtzig Jahren verstorben …«
Nicht sicher, ob sie versteht, was sie da hört. Denkt, dass ihr vielleicht, nein, ganz sicher, jemand einen Streich spielt. Unwillkürlich möchte sie lachen.
»Aber ich habe gar keine Großmutter mit diesem Namen. Ich kenne auch niemanden mit diesem Namen – wie sagten Sie, Douglas?«
»Donegal.«
Stille. Dann spricht die Stimme am anderen Ende weiter, körperlos und sachlich, wie die Stimme in einem Traum: »Donegal – das ist doch Ihr Geburtsname. Wussten Sie das nicht?«
»Geburtsname! Aber – wo?«
»Cardiff, Maine.«
Clare hat noch nie von Cardiff in Maine gehört. Da ist sie sich ganz sicher.
Hat den größten Teil ihres Lebens in Minnesota gelebt – zuerst in St. Paul, dann in Minneapolis. Sehr weit entfernt von Maine.
In den letzten Jahren hat Clare in Chicago, Brooklyn, Philadelphia gewohnt, gegenwärtig lebt sie in Bryn Mawr. Noch immer ziemlich weit entfernt von Maine.
»… noch Fragen?«
»N-nein …«
»Ich hoffe, ich habe Si