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Sams Wagen kam von der Straße ab, überschlug sich zweimal und krachte gegen ein Gebäude, um prompt in Flammen aufzugehen.
„Schätze, die Runde ist für dich gelaufen, Alter“, kommentierte Vik. „Rück mal zur Seite.“
Sam pfefferte den Controller neben sich auf das ramponierte Sofa und machte Vikram Platz, damit der an die Reihe kam.
„Biste okay?“, fragte Megan. „Scheinst irgendwie neben der Spur zu sein.“
„Jep, alles klar“, erwiderte Sam.
Sein Blick glitt zur Tür. Eine Stunde war sein bester Freund Alfie nun schon dort bei Crusty drinnen, was nur eines bedeuten konnte: Sie hatte Wind von ihren nächtlichen Touren in die Stadt bekommen. Und vielleicht sogar den Schlüssel gefunden, den sie sich hatten nachmachen lassen, um zur Hintertür rauszukommen. Es gab nicht sehr viele Regeln in Bright Futures, aber das nächtliche Ausgangsverbot war eine ernste Sache. Sollte man sie irgendwie beim Rausschleichen ertappt haben, mussten sie damit rechnen, mindestens einen Monat auf gewisse Annehmlichkeiten verzichten zu müssen. Womöglich bekamen sie sogar Handyverbot. Der Gedanke war unerträglich.
„Was meinst du, was sie da mit ihm macht?“, murmelte er.
„Daumenschrauben vielleicht“, meinte Marco. „Oder Waterboarding.“
Sam stieß ein unbehagliches Lachen aus. Mrs Cruickshank – oder Crusty, wie sie alles andere als liebevoll genannt wurde – verfügte vermutlich über keine echten Folterwerkzeuge, besaß jedoch definitiv Mittel und Wege, um Kids zum Reden zu bringen. Sie wusste, welche Knöpfe sie drücken musste.
Sam empfand Mitleid für Alfie und war gleichzeitig erleichtert, nicht selbst dort drinnen zu schmoren.
„Lust auf ’ne Runde Tischtennis?“, fragte Megan.
„Äh, ja … cool“, gelang es Sam zu antworten.
Er durchquerte den Freizeitraum und schnappte sich einen Schläger. Feucht und schwitzig fühlte sich seine Hand auf dem Griff an.
Alfie würde ihn zwar nie verpfeifen, doch das machte die Sache sogar noch schlimmer. Käme es hart auf hart, konnte er seinen Freund nicht allein im Regen stehen lassen.
Halbherzig ließ er sich auf die Ballwechsel mit Megan ein. Normalerweise gehörte er zu den besseren Spielern, doch jetzt war er mit den Gedanken woanders und vergeigte einen Schlag nach dem anderen.
„Du musst mich nicht schonen“, sagte Megan schließlich, als sie schon acht zu eins vorne lag.
„Sorry, Meg“, antwortete Sam. „Da gibt es was, das ich noch erledigen muss.“
Er verließ den Freizeitraum und begab sich mit leisem Quietschen, das seine Schritte auf dem fleckigen Linoleum erzeugten, den Korridor hinunter. Crustys Büro befand sich am Ende des Gangs. Er würde einfach anklopfen, reingehen und alles erklären. Die Schuld auf sich nehmen. Goodbye, Social Media. Goodbye, Leben. Er würde all das bestätigen, wofür Crusty ihn ohnehin schon hielt. Troublemaker. Regelbrecher. Problemkid. Aber mit der Zeit würde das verblassen.
Er blieb in dem kleinen Wartebereich vor der Bürotür stehen, um tief Luft zu holen und die Nerven zu beruhigen. Durch das Fenster konnte man nach unten auf den Parkplatz an der Gebäuderückseite blicken. Betonhochhäu