In gleichmütigem Trott bahnten sich die zwei Pferde mit ihrer jeweils doppelten Last ihren Weg auf dem schmalen Pfad, der mit vielen Windungen entlang morastiger Sümpfe nach Lakewood führte.
Auf dem ersten Pferd saß Vivian Darcy hinter Samuel Munroe, einem der beiden Brüder, die zwar glühende Anhänger der Rebellion, aber zu gebrechlich waren, um selbst an den Kämpfen teilzunehmen. Auf dem zweiten Pferd hatte der Ältere der Brüder Georgia zu sich auf den Sattel gesetzt.
Hin und wieder, wenn Vivian nicht in Gedanken ihrem eigenen Kummer nachhing, warf sie besorgte Blicke auf die verstörte, dunkelhaarige junge Frau, die fast so etwas wie eine Schwägerin für sie war. Denn Georgia war verheiratet mit Simon Welsey, einem von drei Brüdern, mit denen zusammen Vivian aufgewachsen war.
Vivian seufzte unterdrückt, von der Sorge geplagt, was aus ihren Freunden geworden sein mochte. Simon war im Kampf um Charleston am Bein verwundet worden, das wusste sie. Trotzdem hatte er sich auf den Weg nach Bellarbres gemacht. Von dort war er wie ein Besessener weiter nach Lakewood geritten, wie Cole ihr erzählt hatte. Vivian malte sich lieber nicht aus, was Simon dabei gefühlt haben musste.
Von Tom und Paul, seinen Brüdern, nahm sie an, dass sie ebenfalls auf Lakewood waren. Tom war schon zu Beginn der Kämpfe um Charleston verwundet worden und zur Plantage seiner Eltern Ann und Herbert gebracht worden, um seine Verletzung dort auszukurieren. Paul hatte sich nach dem Fall Charlestons auf den Weg dorthin gemacht. Sie konnte nur hoffen, dass es beiden Brüdern gut ging und betete, dass ihnen sowie Ann und Herbert auf der Plantage nichts zugestoßen war.
Sie schüttelte den Kopf und versuchte, ihre trüben Gedanken zu verscheuchen, doch es gelang ihr nicht. Zu schlimm waren die Eindrücke der letzten Tage und Wochen. Erneut betete sie, dass auf Lakewood alles in Ordnung war. Sie konnte es kaum erwarten, endlich dort zu sein. Vor allem sehnte sie sich nach Ann. Ann war die Einzige, der sie ihren Kummer wegen Cole anvertrauen konnte. Ann würde sie nicht verurteilen, und wenn sie sich Cole gegenüber noch so kindisch benommen hatte. Sicherlich lag ihr Vertrauen in Ann auch daran, dass Vivians eigene Mutter schon gestorben war, als Vivian noch ein Kleinkind gewesen war. Ann war als Ersatzmutter eingesprungen, obgleich Vivian weiter im Haushalt ihres Vaters und ihrer englischen Tante Sophie, die zu ihrem Schwager und ihrer Nichte nach Charleston gezogen war, gelebt hatte. Aber vor allem dank Ann hatte Vivian eine unbeschwerte und wohlbehütete Kindheit und Jugend verbracht.
Während sie jetzt auf dem Pferderücken hinter dem Älteren der Munroe-Brüder vor Erschöpfung halb am Einschlafen war, fragte Vivian sich unwillkürlich, ob sie wohl je wieder so fröhlich und glücklich wie in den Tagen ihrer Kindheit sein würde. Vielleicht hätte sie in England bleiben sollen, wohin ihre Tante sie nach dem Tod ihres Vaters vor drei Jahren gebracht hatte. Dort, in der friedlichen Abgeschiedenheit des alten Landsitzes ihres Onkels Sir Frederic hatte es weder Krieg noch Verwundete noch niedergebrannte Plantagen gegeben! Aber schon während sie dies dachte, wusste Vivian, dass sie sich immer wieder für die Rückkehr nach Charleston entscheiden würde. Zwei Jahre hatte sie bei ihren adligen Verwandten in England gelebt und sich immer nur nach Charleston zurückgesehnt. Aber ihr Onkel, Sir William, und ihre Tante Sophie waren gegen ihre Rückkehr in die amerikanischen Kolonien gewesen. Doch unterstützt von ihrer Tante Elise, der Frau ihres jüngeren Onkels, hatte Vivian ihren Kopf durchsetzen können, wofür sie heute noch, allem augenblicklichen Elend zum Trotz, immer noch dankbar war. Im letzten Herbst endlich hatte sie England verlassen dürfen. Auf dem Schiff von Elises sehr viel jüngerem Bruder, dem Reeder John Chapman, war sie voller Freude in See gestochen.
Unwillkürlich fragte Vivian sich, wie es John jetzt wohl gehen mochte. Er hatte sie auf seinem Schiff bis Jamaika gebracht und war ihr ein guter Freund geworden. Sie hoffte, dass er sicher nach England zurückgekehrt war. Sie selbst war auf einem amerikanischen Blockadebrecher weiter nach Charleston gereist. Zu ihrer Überraschung war Robert Maine, ein Neffe von Ann u