PROLOG
A. J. Potter musste unbedingt etwas an ihrem Leben ändern. Als das Taxi mit quietschenden Reifen in den Central Park einbog, stützte sie sich in letzter Sekunde ab, um nicht gegen die Tür geschleudert zu werden. Sie zog ihren Palm Pilot aus der Tasche und blickte auf das Display. Wie war noch die Adresse? Sie hatte nicht die Absicht wegzulaufen. Sie brauchte nur Abstand, und das Apartment, das sie sich ansehen wollte, lag weniger als zehn Blocks vom Apartment ihres Onkels entfernt.
Sie musste dringend Urlaub von der Familie machen, denn Onkel Jamison und vor allem ihr Cousin Rodney gingen ihr fürchterlich auf die Nerven. Ewig musste sie sich anhören, wie erfolgreich Rodney als Anwalt war, mit welch schwierigen Fällen er bereits von der Kanzlei betraut wurde. Und dann war da noch Tante Margery, die es als ihre wichtigste Lebensaufgabe ansah, ihr zu einem passenden Mann zu verhelfen, der dem Namen der Familie Potter alle Ehre machte. Wenn sie noch mit einem einzigen dieser geschniegelten Typen ausgehen musste, würde sie … würde sie genau das machen, was sie tat. Nämlich ausziehen!
Aufseufzend lehnte A. J. sich zurück und schloss die Augen. Während der sieben Jahre, die sie auf dem College und später auf der Universität beim Jurastudium verbracht hatte, hatte sie beinahe vergessen, dass sie das schwarze Schaf der Potters war. Aber als sie im letzten Jahr wieder bei ihrem Onkel und ihrer Tante gewohnt hatte, war es ihr erneut bewusst geworden. Und dieses Gefühl fing allmählich an, ihr Selbstvertrauen auszuhöhlen. Sie war erst sieben gewesen, als Onkel und Tante sie aufnahmen, und von Anfang an hatte sie versucht zu beweisen, dass sie nicht wie ihre Mutter war, sondern als eine echte Potter gelten konnte.
Das Taxi bremste abrupt. A. J. riss die Augen auf.
„‚The Willoughby‘“, sagte der Fahrer.
A. J. zahlte und stieg aus. Sie sah an dem eleganten Gebäude hoch, das sie sehr an das Haus erinnerte, aus dem sie gerade ausziehen wollte. Es würde sicher die Billigung ihrer Tante finden.
Sie stieß die Tür zur Lobby auf. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Was sie vor sich sah, war selbst für New York einigermaßen ungewöhnlich. Und dass sich so etwas in einem eleganten Gebäude in dieser vornehmen Gegend abspielte, gab ihr das Gefühl, wie Alice im Wunderland durch ein Kaninchenloch in eine völlig fremde Welt geraten zu sein.
Die Frau mit dem welligen braunen Haar wirkte allerdings relativ normal. An dem Riesenkoffer und der etwas unmodernen Kleidung konnte man erkennen, dass sie nicht aus New York kam. Außerdem wirkte sie verwirrt.
Der Mann war das ganze Gegenteil. Er trug eine weite blau gepunktete Badehose und saß auf einem Liegestuhl. Auf der Nase hatte er eine verspiegelte Sonnenbrille, und in der Sonne, die durch das Oberlicht fiel, schimmerte die Schutzcreme auf seiner Nase gelbgrün. Aus den Lautsprecherboxen dröhnte „Surfin’ USA“ von den Beach Boys.
A. J. musste lächeln. Für ihren Plan, endlich dem steifen Potterschen Lebensstil zu entfliehen, hätte sie keine bessere Umgebung finden können. Sie musste das Apartment unbedingt haben.
„Das Passwort, bitte!“ Der Mann machte eine ungeduldige Handbewegung.
Die Frau mit dem Koffer schüttelte den Kopf.
A. J. trat näher.
„Ich warte …“
A. J. fiel auf, dass er auf dem linken Vorderarm eine