: Jon Bassoff
: Factory Town Kriminalroman
: Polar Verlag
: 9783948392239
: 1
: CHF 9.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 256
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Russell Carver, ein rätselhafter und gebrochener Mann auf der Suche nach einem verschwundenen jungen Mädchen, ist nach Factory Town gekommen, einem postindustriellen Ödland aus verlassenen Gebäuden, zerbröckelndem Asphalt, tödlichen Charakteren, verborgenen Geheimnissen und unaussprechlicher Ver- derbtheit. Russell wandert immer tiefer in die gefährlichen, traumhaften und dunkel mysteriösen Labyrinthe der Stadt und stößt auf Hinweise, die ihn nicht nur dem vermissten Mädchen, sondern auch seiner eigenen unruhigen Vergangenheit näher bringen. Denn in Factory Town ist nichts so, wie es scheint, niemand ist sicher und es gibt keine saubere Flucht. Alles an dieser Stadt war seltsam; nichts ergab einen Sinn.

Jon Bassoff wurde 1974 in New York City geboren und lebt derzeit mit seiner Familie in einer Geisterstadt irgendwo in Colorado. Sein mountain-gothic- Roman 'Corrosion' erschien in Frankreich und Deutschland (Zerrüttung, Polar Verlag 2016) und wurde für den Grand Prix de Littérature Policière nominiert, Frankreichs bedeutendste Auszeichnung für Kriminalromane. Zwei seiner Romane 'The Drive-Thru Crematorium' und 'The Dissassembled Man', wurden für die große Leinwand adaptiert. In seinem Tagesjob unterrichtet Bassoff Englisch an der High School, wo er bei Studenten und Lehrern gleichermaßen als der verrückte Schriftsteller bekannt ist. Er ist ein Kenner von Tequila, scharfen Soßen, Psychobilly-Musik und Absteigemotels.

1. Kapitel


Die Stadt lag im Dunkeln. Ich lehnte den Kopf gegen das Fenster, und der schmutzige Regen rann über meine Stirn. In der spiegelnden Scheibe sah ich aus wie ein Gespenst, hager und fahl, meine Augen glichen denen meines Vaters. Ich konnte nur flüstern: Gott, bitte vergib mir. Ich habe viel zu bereuen …

Factory Town. Es schien, als hätte man begonnen, die ganze Stadt, Haus für Haus und Mauer für Mauer, abzureißen, dann aber beschlossen, dass es die Mühe nicht wert war und man sie einfach verrotten lassen sollte. Überall bröckelnder Beton, kaputte Zäune, zerbrochene Scheiben, zerschlagene Möbel. Verfallende Backsteingebäude, mit Graffiti beschmiert und die Fenster mit Brettern vernagelt. Die Uhr einer Bank ohne Zeiger. Umgekippte Mülltonnen. Auf den Boden gestürzte Feuerleitern. Überall Schutt. Eine geplünderte, verwahrloste Kirche. Und von irgendwoher das Hallen einer Lachkonserve. Ich hatte einmal gehört, dass die meisten Lachkonserven vor vierzig, fünfzig Jahren produziert worden waren, also musste es das Lachen von Toten sein.

Ein lautes Krachen erschreckte mich. Ich fuhr herum und sah eine ausgemergelte Frauengestalt aus einem Hauseingang treten. Sie trug ein zerrissenes Männerhemd, einen zerschlissenen Jeansrock und pinke Cowboystiefel. Ihre gebleichten Haare waren kurz geschnitten und struppig, und zwischen ihren lila Lippen hing eine krumme Zigarette. Ihr Gang war leicht hinkend. Sie war irgendwas zwischen zwanzig und fünfzig, aber Gesicht und Gestalt hatten auf alle Fälle schon bessere Tage gesehen. Als sie mich bemerkte, verzog sie verächtlich das Gesicht und sagte: Ich kenn dich. Du bist der Typ, von dem alle reden.

Ich schüttelte den Kopf. Da täuscht du dich, sagte ich. Ich bin grad erst in die Stadt gekommen.

Nee, ich täusch mich nicht. Du bist es. Und, hast du auch ’nen Namen?

Russell Carver.