Ratgeber-Texte schreiben: Immer am Leser orientiert
// VonSimone Janson
“Nutzwertorientierte Texte” – klingt ganz schön technisch. Ist es auch – aber nur auf den ersten Blick. Dieser Beitrag, selbst ein Vertreter seiner Textart, zeigt kurz und präzise: Was sind nutzwertorientierte Texte, was sind sie nicht? Und wie schreibt man sie hinsichtlich Recherche, Einstieg, Aufbau, Textelemente und Stil?
Präzise, konkret, verständlich: Nutzwertorientierte Texte
Nutzwertorientierte Texte? Klingt ein bisschen nach technischem Handbuch: “Arbeitsanweisung B für Vorgang 569 im dritten Durchlauf…” – oder so ähnlich.
Oder nach einer ökonomischen Kosten-Nutzen-Rechnung. Und doch sind diese Texte alles andere als trocken und langweilig. Weder für den Leser (wenn doch, ist der Autor schlecht) noch für den Autor. Warum das so ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Definition: Nutzwertorientierte Texte – was ist das eigentlich?
Genau genommen sind nutzwertorientierte Texte nichts anderes als präzise Handlungsanleitungen, deren Inhalt der Leser mit möglichst wenig Aufwand erfassen kann.
Die Texte geben Tipps und gute Ratschläge, was der Leser in bestimmten Situationen sagen oder tun soll. Sie kommen meist in Ratgebern und verwandten Publikationen vor – und sind vor allem eines: nützlich!
Achtung: Warum dieser Text so aussieht
Sie wundern sich über die Formatierung und die starke Untergliederung? Dieser Text informiert Sie nicht nur, sondern dient gleichzeitig als Beispiel für einen nutzwertorientierten Text. Deshalb gibt es zahlreiche Zwischenüberschriften, Checklisten, Kästchen und Beispiele. Und kurze Absätze!
Wer so schreiben will, muss sich an die vorgegebene Struktur halten. Wie sagte schon Umberto Eco in seiner “Nachschrift zum ‚Namen der Rose’”: “Um frei erfinden zu können, muss man sich Beschränkungen auferlegen.” Klingt erst mal widersinnig. Und stimmt doch: Innerhalb dieser Struktur hat der Autor viel kreativen Spielraum (dazu unten mehr).
Doch vielen Autoren dürfte es am Anfang gar nicht so leicht fallen, nutzwertorientiert zu schreiben. Das liegt daran, dass die meisten eine ganz andere Schreibe gewohnt sind – je nachdem, ob sie beispielsweise aus dem Journalismus kommen oder aus der Literatur. Erstmal umgewöhnen ist also angesagt. Sowohl was den Stil und Inhalt also auch den Anspruch an den Leser angeht. Auch bei mir war das so.
Fünf Tipps: Das sollten Sie ändern, wenn Sie nutzwertorientiert schreiben möchten
- Der Leser soll beim Lesen sein Gehirn anstrengen! Vergessen Sie’s: Nutzwertorientierte Texte werden für faule Leser geschrieben – und für solche, die einfach weder Zeit noch Nerv haben, lange über den Sinn einer Aussage nachzugrübeln. Also die Mehrzahl der gestressten
- Lange, zusammenhängende Textpassagen und ein literarischer Stil! Fehlanzeige: kurz, knapp und so präzise wie möglich. Wenig Fremdwörter, kurze Sätze und Abschnitte, viele Zwischenüberschriften, Checklisten, Tabellen, Übersichten. Eben leserfreundlich.
- Das Thema umfassend behandeln! Bloß nicht! Lieber weniger schreiben, dafür aber den praktischen Nutzen in den Vordergrund stellen – immer!
- Das Thema auf einer theoretischen Grundlage abhandeln! Um Gottes Willen! Ganz konkrete Handlungsanweisungen sind wichtig, am besten Schritt für Schritt. Der Leser soll einschätzen lernen, wie er sich in einer bestimmten Situation richtig verhält. Dabei helfen praktische Beispiele, die der Leser auf seine konkrete Situation übertragen kann.
- Ich bin der Autor und schreibe, was ich will! : Ganz schlecht! Immer an den Leser denken. Und die Beispiele passend für die Zielgruppe auswählen, damit die sich darin wiederfindet. Verkauft sich auch besser!
Schritt für Schritt: Wie schreiben Sie nutzwertorientierte Texte?
Der Leser bekommt vom Autor Schritt für Schritt viele Orientierungshilfen, wie er sich in einer bestimmten Situation richtig entscheiden oder verhalten sollte.
Daher sind Ratgeber alles andere als anspruchslos und sogar ziemlich aufwändig zu schreiben – auch wenn Texte und Aufmachung nicht immer so wirken.
Praxis-Tipp: Der Text als Notfallkoffer
Auch ein Leser, der wenig Zeit hat, soll sich schnell einen Überblick verschaffen und zielsicher Hilfestellungen finden. Als Autor stelle ich mir daher vor, mein Beitrag wäre ein Notfallkoffer, aus dem der Leser schnell die wichtigsten Hilfsmittel nimmt.
Schritt 1: An den Leser denken
Nutzwertorientiert schreiben heißt, dass Sie dabei immer an Ihre Leser denken. Und daran, was sie denken könnten. Daher sehe ich beispielsweise Vorträge, Seminare und meinen eigenen Weblog nicht nur als Vermarktungsinstrumente, sondern vor allem als Kommunikationsmittel, mit denen ich an meine Leser herantrete.
Übrigens:
Sprechen Sie die Leser mit “Sie” an, so wie ich Sie in diesem Text, damit sie sich direkt angesprochen fühlen. Das schafft gleich von Anfang an eine gute Verbindung.
Es geht darum, herauszufinden: Wer sind die Leser? Welche Wünsche und Bedürfnisse haben sie? Wie kann ich ihnen mit meinem Text helfen? Genau darauf muss ich eingehen: So ein Leser liest den Text in der Regel nur, wenn er auch einen direkten Nutzen davon hat. Und er liest nur das, was ihm aus der Fülle an Informationen am meisten nutzt.
Den Einstieg vereinfachen Übersichten
Optimal ist gleich zu Anfang eine kurze Übersicht (maximal 5 Zeilen) über den Inhalt des Textes mit guten Argumenten, warum der Text den Leser weiterbringt. Dem Leser wird so die Entscheidung vereinfacht, ob er den Text lesen will oder nicht. Wer erst mal die Hälfte eines Textes lesen muss, um zu wissen, ob es sich lohnt, fängt oft gar nicht erst an.
Beispiel:
Dieser Text bietet Ihnen eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Erstellen nutzwertorientierter Texte. Sie finden neben vielen praktischen Beispielen auch zahlreiche Ideen und Anregungen zum Verfassen des Textes. Außerdem profitieren Sie von meinen persönlichen Erfahrungen.
Schritt 2: Gründlich recherchieren
Genaue Recherche sind absolut wichtig. Schließlich sind die Wenigsten allwissend. Was wir selbst nicht wissen, müssen andere uns sagen. Und denen müssen wir möglichst genau auf den Zahn fühlen, um konkrete Informationen z