Kapitel 1
Der Sommer des Jahres 1957 war sehr heiß, und meine Mutter Michelle beschloss so spontan, wie sie nun einmal war, dass wir uns zu einem kleinen Urlaub an die Côte d’Azur begeben sollten.
Ihre große Zeit als Schauspielerin war damals, abgesehen von einigen kleineren Rollen, weitgehend vorbei, aber sie hatte noch immer eine bemerkenswerte Vielzahl von Verehrern. Diese Herren lagen ihr im wahrsten Sinne des Wortes zu Füßen und waren stets bereit, alles für Maman zu tun und ihr jedwede Freude und Annehmlichkeit zu bereiten, nur um ein wenig Aufmerksamkeit und vielleicht mehr von der großen Michelle D. zu bekommen.
Ein gejauchztes »Oh, Sie machen mich zu einer sehr glücklichen Frau« gehörte in dieser Hinsicht zu ihrem Standardrepertoire. Es gelang ihr immer, die Männer mit solchen kleinen Floskeln, einem Lächeln und einem liebreizenden und verführerischen Augenaufschlag um den Finger zu wickeln. Trotz ihrer zu diesem Zeitpunkt fünfundvierzig Jahre und der Tatsache, dass sie das Feld der Leinwand mittlerweile immer häufiger jüngeren Schauspielerinnen überlassen musste, konnte sie immer noch jeden Mann binnen Sekunden in Wachs verwandeln und zum Schmelzen bringen. Dieses Schmelzen drückte sich von seiten der Herren sehr häufig auch in Form von großzügigen finanziellen Zuwendungen an Maman aus, was niemals Darlehen, sondern stets Geschenke waren – natürlich, denn keiner der Männer wollte sich die Blöße geben, in den Augen der berühmten Filmdiva Michelle D. als geizig dazustehen oder gar so zu wirken, als sei er auf die Rückzahlung geliehener Beträge unbedingt angewiesen.
»An die Côte?«, fragte ich ungläubig. »Mitten im Sommer? In der Hochsaison?« Ich schüttelte den Kopf. Leisten konnten wir es uns dank der beschriebenen Geldgeschenke auf jeden Fall, aber: »Maman, es wird fast unmöglich sein, zu dieser Zeit ein Hotelzimmer dort zu bekommen. Saint-Tropez, Cannes, Nizza … überall dürfte alles ausgebucht sein.«
Aber meine Mutter winkte mit einem bezaubernden Lachen ab, während sie aus einem leichten Sommerkleid herausstieg und in ein anderes hineinschlüpfte, um im großen Spiegel zu überprüfen, wie es ihr stand. Zwischen dem Ausziehen des einen und dem Anziehen des anderen Kleidungsstücks hatte ich das unbeschreibliche Vergnügen, den atemberaubenden Körper meiner Mutter in völliger Nacktheit zu bewundern. An heißen Tagen wie diesem verzichtete sie gerne ganz auf Unterwäsche und hielt es nicht für notwendig, in meiner Anwesenheit ihre Blöße zu verbergen. Schließlich war ich ihr Sohn. »Mein lieber Yvan, du bist aus meiner Möse geschlüpft und hast an meinen Titten genuckelt«, lautete stets Mamans Erklärung für ihre leichte Art, sich mir nackt zu präsentieren. »Weshalb sollte ich dir gegenüber Scham und Hemmungen haben?«
Ich glaube im Nachhinein, dass sie mich damals gerne als eine Art Gradmesser betrachtete, dessen Reaktionen ihr zeigten, wie sie jeweils auf das männliche Geschlecht wirkte, ob dieses oder jenes Kleid oder ihre sehr reizvollen Dessous sie gut kleideten oder ob sie möglicherweise Gefahr lief sich zu blamieren. Sie freute sich, wenn ich bei ihrem Anblick rot wurde oder wenn mir die Augen fast aus dem Kopf fielen, oder wenn ich nur noch »Wunderschön« stammeln konnte. Die größte Freude jedoch bereitete es ihr stets, wenn sie sah, dass ich eine Erektion bekam, wenn ich sie anschaute.
»Ein steifer Schwanz ist das schönste und ehrlichste Kompliment, das ein Mann einer Frau machen kann«, pflegte sie immer wieder zu betonen. In dieser Hinsicht hatte ich allerdings einmal eine ganz andere Erfahrung gemacht, nämlich, als ich beim Tanz mit meiner Klassenkameradin Sylvie auf dem Schulball eine Erektion bekam. Als Sylvie das spürte, war sie äußerst em