: H. Peter Duhm
: Malte Temmen
: Wenn Träume Beine bekommen Das Leben ist eine Einbahnstraße, immer vorwärts, niemals zurück
: TWENTYSIX
: 9783740704322
: 1
: CHF 8,10
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 376
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein verrücktes Leben. All inclusive Mein Privatleben und ich. War es eine Sucht geworden, war es eventuell Flucht? Ich wusste es nicht. Nur eines fühlte ich, Reisefieber. Nicht kurz vor einer Reise, nein schon dann, wenn ich gerade in Deutschland aus Asien gelandet war. So schnell wie möglich wieder aufbrechen. Dieses Verlangen trieb mich wie die Feder in einem Spielzeugauto an. Der Schlüssel verbarg sich unter meinen Traumata aus der Kindheit. Angst bestimmte mein Leben. Ängste allein, verlassen leben zu müssen. Niemand merkte es. Ich lachte fort was mich belastete. Wer würde mich schon verstehen. Irgendwie irre. Das war eben so, konnte ich nicht ändern. Ein lachender, kuscheliger, jedoch tiefgefrorener Eisbär. Das schrie mir eines Tages eine Freundin entgegen. Auch gut. An Eis perlt viel Dreck ab. Und wie begann diese Lust, dieser Drang zu reisen? Sicherlich hatte sich ein Satz meines Großvaters in mir festgesetzt. Junge, sagte er eines Tages: Man kann dir in deinem Leben alles nehmen, nur deine Erinnerungen nicht. Das hatte er als Sozialdemokrat in der NS-Zeit gelernt. Dieses Buch soll einen Einblick geben, wie man leben kann, wie man beruflichen Erfolg haben will, ohne Internet, ohne Computer, ohne Handy und Smartphone. Heute unvorstellbar und doch war es real. Und ich reiste Ende der 80er Jahren schon zwanzig Jahre um die Welt. Also schreibe ich vieles auf, alles ist nicht möglich, so viel wie ich denke, dass es lesenswert ist. Wie begann ich zu reisen? Ohne Geld, ohne Kontakte. Im Ausland erfolgreich tätig zu werden? Ganz einfach. Risiko, Fehler, Rock und Roll akzeptieren. Auch wenn ich wieder heim nach Norddeutschland wollte, die Abenteuerlust trieb mich weiter. Wie fremdgesteuert! Das Leben ist eine Einbahnstraße, immer vorwärts, niemals zurück. Mein Leben gestaltete sich so irre, als hätte ich Fliegen mit Essstäbchen fangen wollen. Und das in über sechzig Ländern dieser schönen Welt. Diese Bücher sollen als Feature, als Reportage über ein ganzes Leben verstanden werden. Teil 1

H. Peter Duhm schreibt über sein aufregendes Leben und über Verbrechen aus der Nachkriegszeit. In seiner neuen Heimat, Elten, Ortsteil von Emmerich am Rhein schreibt und recherchiert er. Neue, interessante Themen lassen sich überall finden. Man muss sehen und hören können. Auch am Niederrhein, der ihn seit Jahren begeistert. Sport und Arbeit haben ihn lebenslang motiviert, sich nicht unterkriegen zu lassen. 1942 in Hamburg geboren, überlebte er die Vernichtungsangriffe der britischen und amerikanischen Bombenangriffe. Das Trauma dieser Bombennächte blieb. Vielleicht ist er deshalb jahrzehntelang in der Modebranche tätig gewesen, weil er dort seine Kreativität und Reiselust, seinen Drang nach Neuem, insbesondere während der zahlreichen und ausgedehnten Auslandsreisen, die häufig zu asiatischen Bekleidungsherstellern führten, ausleben konnte. Der Hamburger Modemacher und Professor für Fashion-Management gab nie auf Neues zu entdecken. Sein Schreibstil ist kurz und direkt, sein Auftreten überzeugend. In seinen weiteren Büchern vereint er sorgfältige Recherche und Tatsachen mit einem prägnanten Schreibstil. Das zeichnet alle seine Bücher aus. Er selbst bezeichnet diesen neuesten Roman als ein Feature, als eine Reportage. Elten am Niederrhein im Juli 2020

In Los Angeles


In meinem Apartment in Marina del Rey, dem eleganten Yachthafen von Los Angeles, beginnt meine Reise zurück in die Zukunft.

Lustig klimperten die Stahlseile gegen die vielen Masten der Segelboote, die genau unter meinem Fenster im leichten Wind des Pazifiks dümpelten. Sie stimmte mich jeden Morgen fröhlich, diese Musik aus Ozean, Freiheit und Meeresbrise.

Nach einem Frühstück mit Muffins, kackenden Spatzen und Ami-Kaffee machte ich mich an diesem Vormittag daran in einer Holzkiste zu kramen. In meiner Kindheit war sie stets verschlossen und stand oben auf dem Kleiderschrank meiner Großeltern in Hamburg, auf der vierten Etage. Für mich und meinen Cousin unerreichbar, was uns mächtig nervte. Wir wollten wissen was sich darin verbarg. In diesem Kasten – wie es in meiner Familie offensichtlich üblich gewesen war, wurden die wichtigsten Papiere aufbewahrt und durch den Ersten und Zweiten Weltkrieg gerettet.

In einem großen Paket, innen verpackt in die neuesten Tageszeitungen aus Hamburg, brachte der US-Parcelservice diesen Holzkasten. Meine Tante Anneliese liebte solche Überraschungen. Selbst wenn ich tausende Kilometer entfernt wohnte. Sie schickte immer Pakete. Klar mit einem Laib Schwarzbrot, Leberwurst und einigen Franzbrötchen aus der Bäckerei „Nur Hier“.

In Hamburg Lokstedt, direkt hinter den Studios vom NDR hatte sie eine öffentliche Quelle neben ihrem Verkaufsraum eingebaut.

Immer habe ich dort meine Franzbrote gekauft und Wasser in Plastikflaschen abgefüllt. Es war gutes Wasser. Immer. Weil die Brötchen so vom vielen Zucker und Honig klebten. Das Quellwasser schmeckte gut dazu. Klebrige Frische eben, echt lecker. Schlecht für die Zähne, gut für die Laune. Ich kramte zwischen zerknüllten Zeitungen, selbstverständlich hatte die Tante die neueste Ausgabe vom Hamburger Abendblatt verwendet. War mit auch klar. Der muss in den USA Kontakt zur Heimat halten, dachte sie sich wohl dabei. In diesem mysteriöse, alten, nach osteuropäischer Kunstschnitzerei aussehenden Deckelkasten tauchten plötzlich völlig gruselige Bilder auf. Ich erschrak vor dem, was ich entdecken würde. Meinen Kopf schüttelnd, blickte ich lächelnd durch meine großen Fenster auf die vorbeifliegenden Pelikane, die mich mitzunehmen schienen, in eine längst vergangene Zeit. Mit den großen weiß-rosa Vögeln verschwand ich hinter dem Horizont in meiner eigenen Vergangenheit. Der Bescheid über die Höhe der Kriegsrente meines Stiefvaters, ließ an den brutalen Mann mit seiner Krallenhand denken. Meine Angst als Kind vor dieser Kriegserinnerungskralle fand ich jetzt lustig. Der Mann hatte einen Durchschuss seines Handgelenks aus Russland mitgebracht. Das geschah ihm Recht, diesem Sadisten. Ich drehte mich um, meine Balkonblumen lachten mich an und die Palmen standen dort Draußen wie jeden Tag. Diese verdammte, verkrüppelte Hand griff nicht nach mir. Nee, tat sie nicht mehr. Mehr und mehr versank ich in meiner Vergangenheit. Die Sterbeurkunde meines Urgroßvaters, den sorgfältig ausgeschnittenen Zeitungsartikel über die Gratulation des Kreisleiters, die meiner Urgroßmutter galt, als sie hundert Jahre alt geworden war, die Bescheinigung über das Sorgerecht für mich als Kriegswaise, das Abschlusszeugnis meines Stiefvaters vom Alten Gymnasium in Bremen und die Bestätigung, dass ich bei Leuten in Bremen von nun an zu leben hatte. Ich musste laut lachen. Wie man damals in der Nachkriegszeit über Menschenleben entschied, unglaublich. Lustig, weil es so lange her war. Zwischen diesen und vielen anderen Papieren, fand ich kleinformatige Totenzettel mit Namen und Todesdatum von angeblichen Verwandten, die ich nie kennengelernt hatte. Ich stand auf, diese vielen Gruftys, dachte ich dabei und lächelte. Die hätten bestimmt auch gern einen leckeren Kaffee mit Milchschaum gehabt, den ich mir jetzt machte. Ein vergilbtes, mehrfach gefaltetes Papier bescheinigte meinem Großvater, dass er entscheiden konnte, wo ich zu leben hatte. Welche Perspektiven im Leben räumte man damals herrenlosen Hunden, pardon Kindern ein. Ich lachte laut auf. Mensch war es hier in Marina del Rey am Pazifik schön, wunderbar. Plötzlich hatte ich den Geruch nach