: bell hooks
: Alles über Liebe. Neue Sichtweisen New York Times-BESTSELLER | Deutsche Ausgabe von TikTok-Liebling »All About Love« | Beziehung | Partnerschaft | Persönliche Entwicklung
: HarperCollins
: 9783749951147
: 1
: CHF 15.20
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

» ir brauchen eine Karte, die uns bei unserer Reise zur Liebe den Weg weist - und sie beginnt damit, dass wir wissen, was wir meinen, wenn wir von Liebe reden.«

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In ihrem provokativen und zutiefst persönlichen Werk entwirft die bekannte Wissenschaftlerin, Kulturkritikerin und Feministin eine neue Ethik für unsere Gesellschaft der Lieblosigkeit - eine polarisierte Gesellschaft, so bell hooks, der es nicht etwa an Romantik mangelt, sondern an Fürsorge, Anteilnahme und Gemeinschaft. An einem Leitbild für die Liebe. Wie können wir die Kluft überwinden, die uns trennt, und unser kulturelles Paradigma ändern, das Liebe in Sehnsucht und Sex erfüllt sieht? Wie können wir wieder echte Anteilnahme lernen und das gemeinschaftliche Leben in unseren Familien, Schulen oder Arbeitsplätzen festigen?

Mit scharfem Verstand stellt sich bell hooks der schwierigen Frage, was Liebe bedeutet. Ihre Antworten sind immer bestechend und treffen bis ins Mark. Und am Ende erschließt sich eine neue Sicht auf die Liebe: einer angstbefreiten Liebe, die von sakraler Kraft getragen, erlösend und heilsam ist - nicht nur heilsam für Individuen, sondern für eine ganze, in sich gespaltene Nation.

»Ein warmherziger Beweis, dass Liebe möglich ist.

New York Times Book Review



<p>BELL HOOKS, geboren am 25. September 1952 als Gloria Watkins in Hopkinsville, Kentucky, war eine US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin und Aktivistin. Seit den 1970er-Jahren zählt sie zu den bedeutendsten Stimmen für Frauen- und Bürgerrechte. Sie unterrichtete u. a. an der Yale-Universität und am Oberlin College und lehrte zuletzt als Professorin am Berea College, Kentucky. bell hooks ist der Name ihrer indigenen Großmutter und war ihr Pseudonym. bell hooks starb am 15. Dezember 2021 in Kentucky.</p>

Einleitung

Gnade:
Berührt von der Liebe

Es ist tatsächlich möglich, direkt mit dem Herzen zu sprechen. Die meisten alten Kulturen wissen das. Wir können mit unserem Herzen kommunizieren, als wäre es ein guter Freund. In unserem modernen Leben sind wir so sehr mit alltäglichen Angelegenheiten und Gedanken beschäftigt, dass wir die wesentliche Kunst vergessen haben, uns Zeit zu nehmen und mit unserem Herzen zu kommunizieren.

– Jack Kornfield

In meiner Küche hängen vier Schnappschüsse eines Graffitis, das ich vor Jahren an einer Baustelle auf dem Weg zur Yale University sah, an der ich damals unterrichtete. In leuchtenden Farben stand dort: »Die Suche nach Liebe hält auch großen Widrigkeiten stand.« Meine Beziehung war nach15 Jahren gerade in die Brüche gegangen, daher wurde ich oft von Kummer überwältigt, der sich anfühlte, als ob eine riesige Welle aus Schmerz mein Herz und meine Seele fortspülen würde. Überwältigt von dem Gefühl, in die Tiefe gezogen zu werden und zu ertrinken, suchte ich ständig nach Halt, um mich über Wasser zu halten und sicher zurück ans Ufer zu kommen. Die Aussage auf der Mauer des Rohbaus, umgeben von wie mit kindlicher Hand gezeichneten, nicht genau identifizierbaren Tieren, hob stets meine Laune. Wenn ich an der Baustelle vorbeikam, gab mir die Botschaft von der Kraft der Liebe, die sich über die ganze Mauer zog, stets Hoffnung.

Die Worte, die ein lokaler Künstler mit seinem Vornamen signiert hatte, sprachen direkt zu meinem Herzen. Bei ihrem Anblick war ich mir sicher, dass der Künstler gerade eine Krise durchmachte und mit einem Verlust kämpfte oder mit der Möglichkeit eines Verlusts. In Gedanken führte ich mit ihm imaginäre Gespräche über die Liebe. Ich sagte ihm, dass seine spielerische Graffitikunst ein Rettungsanker für mich war und mir den Glauben an die Liebe wiedergab. Ich sprach mit ihm darüber, wie seine Botschaft vom Versprechen der Liebe, die nur darauf wartet, gefunden zu werden, mich aus dem Abgrund emporhob, in den ich gestürzt war. Ich empfand eine tiefe, verzweifelte Traurigkeit, ausgelöst durch die Trennung von meinem langjährigen Partner. Doch meine Verzweiflung gründete auch in der Angst, die Liebe würde womöglich gar nicht existieren und könne daher auch nicht gefunden werden. Und selbst wenn sie irgendwo im Verborgenen schlummerte, würde ich sie womöglich mein Leben lang nicht kennenlernen. Es fiel mir schwer, weiterhin an das Versprechen der Liebe zu glauben, wenn überall, wohin ich mich wandte, die Faszination der Macht oder der Schrecken der Angst den Willen zur Liebe überschatteten.

Als ich eines Tages auf dem Weg zur Arbeit war und mich schon auf die Meditation über die Liebe freute, zu der mich der Anblick des Graffitis immer anregte, musste ich entsetzt feststellen, dass die Baufirma die Wand mit weißer Farbe übertüncht hatte, die so grell war, dass man darunter nur noch schemenhaft das ursprüngliche Kunstwerk erkennen konnte. Fassungslos, dass eine Botschaft, die für mich zu einer rituellen Bestätigung für die Gnade der Liebe geworden war, nicht mehr länger da war, um mich täglich zu grüßen, erzählte ich jedem von meiner Enttäuschung. Schließlich wurde mir das Gerücht zugetragen, dass das Graffiti übertüncht worden war, weil es Bezug aufHIV-Infizierte nähme und der Künstler womöglich schwul sei. Vielleicht. Doch es könnte auch gut sein, dass sich die Verantwortlichen, die die Mauer streichen ließen, von diesem öffentlichen Bekenntnis zur Liebe bedroht fühlten – von einer Sehnsucht, die so intensiv ist, dass man ihr nicht nur Ausdruck verleiht, sondern gezielt danach sucht.

Nach langer Suche machte ich den Künstler schließlich ausfindig und konnte mich persönlich mit ihm über die Bedeutung der Liebe unterhalten. Wir sprachen darüber, wie Kunst im öffentlichen Raum ein Vehikel für den Austausch lebensbejahender Gedanken sein kann. Und wir brachten beide unseren Kummer und Ärger darüber zum Ausdruck, dass die Baufirma eine starke Botschaft der Liebe so gefühllos übertüncht hatte. Zur Erinnerung schenkte mir der Künstler einige Schnappschüsse des Graffitis. Seit dieser Begegnung habe ich die Fotos immer über der Spüle in meiner Küche hängen, egal wo ich wohne. So habe ich sie jeden Tag vor Augen, ob ich nun einen Schluck Wasser trinke oder Geschirr aus dem Schrank nehme, und werde daran erinnert, dass wir uns nach Liebe sehnen – dass wir sie suchen