Eine Katze, die nicht hört
Seit einem Jahr wohnte ein Mädchen in der neuen Welt, die der alte Mann manchmal durch seine Vorhänge betrachtete. Sie hieß Anabel, war klein und hatte dürre Beine mit stets aufgeschürften Knien. Sie war wie die meisten Kinder in ihrem Alter. Sie wollte Spaß haben und die spannendsten Abenteuer erleben, die man nur erleben konnte. Also würde sie einmal Piratin werden, wenn sie groß genug war. Piratin und nichts anderes! Als Piratin kam man schließlich herum in der Welt, konnte mit Delfinen um die Wette schwimmen, mit Affen auf Palmen klettern und im dichtesten Dschungel nach verschollenen Schätzen suchen.
Eine Augenklappe besaß sie schon. Es fehlte nur noch ein Papagei, der auf ihrer Schulter hockte, und schon konnte es losgehen. Sie würde die Ozeane befahren, die Welt würde unter ihren Füßen schwanken und die Gischt in ihr Gesicht spritzen. Nach Salzwasser und Abenteuer würde das Leben schmecken, ganz so, wie sich das für ein Mädchen gehörte.
Noch stand sie allerdings vor dem Spiegel und stellte sich alles nur vor. In ihrem Zimmer in dem kleinen Haus, ganz oben unter dem Dach, am Ende der schmalen Holztreppe, wo jede Stufe hohl klang, wenn man auf sie trat.
„Ganz nah beim Himmel, wie die Prinzessin in den Wolken“, hatte ihre Mutter gesagt.
„Wie der Kapitän eines Luftschiffes“, hatte Anabel erwidert.
Für Prinzessinnen hatte das Mädchen nicht viel übrig. So viele Regeln und ausladende Rüschenkleider, mit denen man ohnehin in jedem Gestrüpp hängen blieb. Da war sie lieber Piratin. Frei und stark, mit Papagei, Augenklappe und einem großen Schiff mit sieben Segeln. Und wenn sie irgendwann einmal doch eine Krone wollte, nahm sie sich einfach ein