1. HARTMUT
VOR DEM MORGENGEBET
Unruhig waren die Träume gewesen, manche auch beunruhigend, die über den Morgenruf des Muezzins hinweg zu Ende gebracht wurden. Aus Nacht und Träumen ist er erwacht. Die Rufe überlagerten einander, vielstimmig zu einem Geflecht gleichmäßiger Anrufungen verbunden. Es gibt nur eine Quelle des Lichts, des Lebens, auf dass sie zu allen mit derselben Stimme sprechen. Nach dem Morgenruf ließ sich draußen, am östlichen Horizont bereits die Dämmerung erahnen, die für jene, deren unverrückbarer Glaube das Tageslicht auch dann entstehen lässt, wenn die Natur noch nicht bereit ist, sich den strengen Vorschriften der Religion zu beugen, schon länger sichtbar war.
Das Zimmer lag noch im tiefen Dunkel, Nacht des Ungläubigen, dem die Rufe des Muezzins als unvermeidliche, gerade noch hinnehmbare Eigenheiten eines fremden Lebensraumes bereits vertraut waren. Dieses Mal jedoch wurde auch seine Nacht beendet. Unruhig wechselte er immer rascher seine Liegeposition im aufgewühlten Bett, das die Spuren einer überhitzten Nacht tragen würde. Im Halbschlaf streckte er seine Hand zur anderen Betthälfte hinüber, um festzustellen, dass er wieder allein und sich selbst ausgesetzt war. Er rang mit dem Schlaf, doch dieser hatte ihn endgültig verlassen. Keine schwarzen spinnenhaften Wesen, sondern gallertartige, wässrige Ringe senkten sich von der Decke herab und ließen die Konturen des Zimmers entstehen, das er vorübergehend bezogen hatte, ein Bereich jenes ihm zugeteilten Hauses, das er für eine Weile zu bewohnen hatte auf geborgter Erde.
Nun herrschte wieder Stille, nur das Rauschen in seinen Adern fiel ihm auf, störend, denn er fühlte eine Gefahr darin, sich selbst ausgesetzt zu sein wie