: Gerhard Wettig
: Gorbatschow Reformpolitik und Warschauer Pakt 1985-1991
: StudienVerlag
: 9783706561518
: 1
: CHF 16.90
:
: Zeitgeschichte (1945 bis 1989)
: German
: 120
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
or 30 Jahren wurde der Warschauer Pakt aufgelöst. Die NATO verblieb als einziger militärischer Block in Europa. Die Sowjetunion verzichtete auf die jahrzehntelang ausgeübte politische Kontrolle weiter Teile Mittelost- und Osteuropas. Moskau ermöglichte damit die Beendigung des Kalten Krieges - ohne Gewalt. Diese Entwicklung ist dem Wirken Michail Gorbatschows geschuldet, der in der Erkenntnis der systembedingten Schwäche seines Landes eine politische Wendung versuchte. Ausgangspunkt war ein Zugehen auf den Westen: von der Konfrontation zur Kooperation. Die Art und Weise, wie er diese Kehrtwende vollzog, führte einerseits zur Befriedung der Beziehungen zu den NATO-Staaten, andererseits aber entglitt ihm damit die Kontrolle über das Imperium, im Inneren wie nach außen. Der überaus komplexe und sich auf mehreren Ebenen vollziehende Verlauf dieser Entwicklung wird auf Basis umfangreicher Recherchen in russischen Archiven von Gerhard Wettig, Altmeister der deutschen Sowjetunionforschung, detailliert dargelegt.

Gerhard Wettig, Dr., langjähriger Leiter des Forschungsbereichs Außen- und Sicherheitspolitik am Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln, ehem. Mitglied der Deutsch-Russischen Historikerkommission, Kommen.

Einleitung


Forschungsstand und ausgewählte Publikationen

Die Folgen der Reformen für den Warschauer Pakt sind im Gesamtzusammenhang und im Zusammenspiel der gesellschaftlichen Kräfte im ehemaligen Ostblock noch nicht thematisiert worden. Untersuchungen liegen nur über Gorbatschows generelles politisches Wirken, sein außen- und sicherheitspolitisches Vorgehen in bestimmten Hinsichten, die sukzessive Auflösung des sowjetischen Imperiums, das Ende des Kalten Kriegs und einzelne Vorgänge, die für das östliche Bündnis von großer, zuletzt fataler Bedeutung waren, vor. Außer Dokumentenveröffentlichungen zu Gorbatschows Politik und den ihr zugrundeliegenden Motiven sind vor allem auf Primärquellen gestützte Darstellungen seiner Entscheidungen wichtig.

Das gilt besonders für die Monographien von Stephen Kotkin. In seinen Ausführungen über die „Implosion des kommunistischen Establishments“, den mit der Auflösung des Warschauer Pakts verbundenen Zusammenbruch der UdSSR, führt er aus, dass die Reformen in der UdSSR einer auf den Machtapparaten Partei, Staatssicherheit und Militär beruhenden Anti-Zivilgesellschaft einen Umsturz von oben darstellten, den zusammen mit Gorbatschow Teile der kommunistischen Herrschaftskreise in Gang setzten, während die Opposition von unten schwach gewesen sei und sich weder als Gesellschaft konstituiert noch als politische Kraft organisiert habe. Mangels handlungsfähiger Organe habe sie keinen bestimmenden Einfluss ausgeübt, sei inkompetent gewesen und habe damit Anteil am Scheitern der Reformen. Mithin liege diesem Zusammenbruch nicht nur Gorbatschows Verzicht auf den Gebrauch von Gewalt zugrunde.1 Diese Ansicht vertreten auch Gerhard und Nadja Simon in ihrem Buch über den „Verfall und Untergang des sowjetischen Imperiums“. Sie machen weiterhin geltend, die auf Enttäuschung beruhende Abkehr der Bevölkerung vom Sozialismus hab