: Jody Hedlund
: Bevor ich dich traf
: Francke-Buch
: 9783963628948
: 1
: CHF 11.50
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: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 334
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
England / Britisch-Kolumbien 1860: Mercy Wilkins ist in einem Londoner Armenviertel aufgewachsen. Engagiert setzt sie sich für die ein, die es noch schlechter haben. Als ihr eine Passage nach Kanada angeboten wird, sieht sie im Auswandern ihre Chance, eine gut bezahlte Stelle zu finden. Vielleicht wird es ihr so endlich gelingen, ihre Schwester aus dem Armenhaus loszukaufen! Was ihr verschwiegen wurde: Es handelt sich bei der Tynemouth um ein Brautschiff, das sechzig Bräute übers Meer bringen soll. Und sie ist eine von ihnen! Während der Überfahrt fordert der adlige Schiffsarzt, Lord Joseph Colville, Mercy immer wieder als Unterstützung an. Gemeinsam stellen sie sich allen Stürmen und Krankheiten und lernen einander dabei kennen - und lieben. Doch die Standesunterschiede, die das Miteinander der Frauen an Bord erschweren, stehen auch zwischen ihnen ... Außerdem warten in Britisch-Kolumbien unzählige Männer auf ihre Bräute!

Jody Hedlund lebt mit ihrem Mann, den sie als ihren größten Fan bezeichnet, in Michigan. Ihre 5 Kinder werden zu Hause unterrichtet. Die Zeit, die ihr neben dieser Tätigkeit noch bleibt, widmet sie dem Schreiben.

Kapitel 2

»Kommst du morgen wieder?« Bates räumte alle Medikamente und Instrumente in die Truhe und schloss den Deckel.

Joseph Colville rollte seine Ärmel wieder nach unten und knöpfte seine Manschetten zu, während er nach einer Ausrede suchte, um nicht noch einen weiteren Tag in der Shoreditch-Praxis verbringen zu müssen. »Es tut mir leid, aber für morgen habe ich schon andere Pläne.« Das Kricketspiel imMarylebone-Club war in seinen Augen ein genauso guter Vorwand wie jeder andere.

»Wie sieht es übermorgen aus?« Bates ließ nicht locker.

»Du weißt, dass ich bald nach Wiltshire aufbreche. Ich darf nicht noch länger warten, um die Ländereien und meine Tante zu besuchen.«

Bates richtete sich zu seiner vollen Größe auf und reichte Joseph trotzdem nicht einmal bis zum Kinn. Mit seinen 1,85 m hielt sich Joseph nicht für übermäßig groß, aber Bates überragte er deutlich. Doch dafür, dass sein alter Freund von so kleiner Statur war, hatte er eine grenzenlose Energie, um die Joseph ihn beneidete. Und ein grenzenloses Mitgefühl. Bates war ein Heiliger. Wie sonst konnte der Mann den Ärmsten der Armen in London so viel Zeit widmen?

»Du solltest dir aber auf jeden Fall überlegen, nach deiner Rückkehr vom Land zu mir zu kommen«, sagte er jetzt. »Ich würde für dich ein gutes Wort beim College einlegen und du könntest einige Kurse geben.«

»Einen unerfahrenen jungen Arzt wie mich werden sie nicht wollen.«

»Unsinn. Sie werden dich wollen. Das weißt du genau.«

Joseph zuckte mit den Schultern. Er war ein ausgezeichneter Student gewesen. Darüber hinaus würde sich das College schon allein wegen seiner Titel und seines Vermögens um ihn reißen.

Bates räusperte sich. »Wenn du unterrichten würdest, könntest du in der restlichen Zeit hier in der Praxis arbeiten. Mein Partner geht im Sommer in den Ruhestand und ich brauche jemanden, der seinen Platz einnimmt.«

Joseph wandte Bates den Rücken zu und schlüpfte in seinen Mantel. Dieser Mann war wie ein Vater für ihn, aber er könnte nicht so leben wie er.

Sie kannten sich, seit Joseph dieHarrow School besucht hatte, wo Dr. Bates als Gemeindearzt gearbeitet hatte. Er war da gewesen, als Joseph die Nachricht bekommen hatte, dass seine Familie bei der Epidemie, die in London gewütet hatte, an Cholera erkrankt war. Und auch, als er später erfahren hatte, dass sowohl seine Mutter als auch sein Vater und sein Bruder der Krankheit zum Opfer gefallen waren.

Als Joseph nach seinem Studium in Oxford ansRoyal College of Physicians gegangen war, hatte Bates ihn unterstützt. Kein