Kapitel 2
»Du hast dichwo angemeldet?« Der Schluck Kaffee in meinem Mund landet vor mir auf der weißen Tischdecke.
»Matilda, du schlabberst wie ein kleines Mädchen.« Meine Mutter tupft mit ihrer Serviette auf dem Kaffeefleck herum. Sie sieht unfassbar müde aus. Wahrscheinlich ist sie direkt nach ihrer Nachtschicht im Krankenhaus in die Küche gewankt, um uns unseren Lieblingskuchen zu backen. So war es schon immer: Neben all der Arbeit wollte sie stets, dass es Maxime und mir an nichts mangelt.
»The Dating Game. Das habe ich doch gerade gesagt.« Maxime strahlt übers ganze Gesicht. Ihren Teller hat sie bisher nicht angerührt, obwohl sie normalerweise für ein Stück vom Erdbeerkuchen unserer Mutter morden würde. Das liegt daran, dass die Worte, seit wir an dem winzigen Küchentisch Platz genommen haben, unaufhörlich aus Maximes Mund sprudeln. Bis auf ein paar Nachfragen konnten meine Mutter und ich bisher nichts zu der Unterhaltung beitragen.
»Kennst du die Sendung etwa nicht?« Maxime wirkt überrascht. »Die läuft mittlerweile in der siebten Staffel.«
»Also ich kenne sie nicht«, sagt meine Mutter. Dennoch spiegelt sie Maximes Strahlen. Nur ich fühle mich wie ein Zerrspiegel, der genau das Gegenteil meiner Schwester zeigt. Dieselben großen braunen Augen, dasselbe kastanienbraune schulterlange Haar, dieselben geschwungenen Brauen, zwei Frauen, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen – bloß, dass die eine von einem Ohr bis zum anderen grinst und die andere entsetzt die Augen aufreißt.
»Das Prinzip ist ganz einfach.« Maxime häuft so viel Sahne auf ihren Teller, dass der Kuchen darunter verschwindet. »Zwanzig Frauen kämpfen um einen Mann, jede Woche fliegen ein paar von ihnen aus der Show, und am Ende entscheidet er sich für eine und lebt mit ihr glücklich bis ans Ende seiner Tage.«
Ich ziehe skeptisch eine Braue hoch. »Okay gut, das ist zumindest das Ideal – beim letzten Mal gab es drei Monate nach der Sendung eine Blitzhochzeit und kurz darauf eine Blitzscheidung. Aber: Ein Paar, das sich in einer der früheren Shows gefunden hat, hat vor Kurzem sein zweites Kind bekommen.«
»Und du willst da jetzt die große Liebe finden?«, frage ich. »Glaubst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?«
»Auf jeden Fall ist es ein großes Abenteuer.« Maximes Augen nehmen wieder diesen Ausdruck an, den sie jedes Mal bekommen, wenn sie eine neue fixe Idee hat. Ein neues Studienfach, ein neues Hobby, eine Geschäftsidee, die sie nach spätestens einer Woche wieder verwirft.
»Ich glaube nicht, dass man die große Liebe im Fernsehen findet.« Ich zerdrücke eine Erdbeere mit der Gabel.
»Wo denn sonst? In derWG?« Maxime scheint meinen erschrockenen Blick zu bemerken. »Tut mir leid, das ist mir so rausgerutscht.«
Trotzdem hinterlässt ihr Kommentar einen schalen Beigeschmack. Immerhin habe ich in der letzten Stunde, seit meine Mutter mich vom Bahnhof abgeholt hat, nicht ein einziges Mal an Nik gedacht. Jetzt ploppt das Bild seines Lächelns wieder in meinem Kopf auf. Ich versuche, es wegzuwischen, indem ich mich voll und ganz auf meine Schwester konzentriere.
»Und was ist mit der Uni?« Ich schiele Hilfe suchend zu meiner Mutter hinüber, die jedoch nur gedankenverloren in ihrem Kaffee herumrührt. Ihre Augen drohen jeden Moment zuzufallen. Jedes Mal, wenn ich sie besuche, habe ich das Gefühl, sie ist um weitere fünf Jahre gealtert.
»Möglicherweise ist es dir nicht aufgefallen, Tildi, aber wir haben Semesterferien.« Maxime schiebt sich einen Löffel Sahne in den Mund. »Ich muss zwar für meine Klausuren lernen, aber das kann ich auch in Portugal machen.«
»Oh, ihr dreh