Glaube
und Wissenschaft
Einwand 6:
Wer an Wunder glaubt, macht sich der Naivität schuldig.
Wenn es einen aktiv handelnden Gott gibt, gibt es keine Sicherheit gegen Wunder. So ähnlich formuliert es C. S. Lewis in seinem BuchWunder. Es ist keineswegs irrational, an die Möglichkeit von Wundern zu glauben, wenn man gute Gründe hat anzunehmen, dass das natürliche Universum nicht alles ist, was existiert.14
Die Philosophen der Aufklärung wie Voltaire, Spinoza oder Hume glaubten in Anlehnung an das Newton’sche Uhrwerk-Universum, Naturgesetze seien unabänderlich, das Universum sei kausal geschlossen und in seinem Lauf völlig berechenbar. Da war kein Platz für ein Eingreifen von außen, allenfalls vielleicht noch ganz am Anfang, als Gott das Universum in Gang gesetzt und sich danach zurückgezogen hat (das nennt man Deismus). Doch die Physik hat sich längst weiterentwickelt. Die erstaunlichen Phänomene der Quantenmechanik wie der spontane radioaktive Zerfall eines einzelnen Atomkerns, spontane Paarerzeugung, „Schrödingers Katze“, die unauflösbare Kopplung von Beobachter und Messobjekt und anderes erschütterten das Uhrwerk-Bild und zeigten, dass es im Universum keineswegs so vorhersagbar zugeht, wie die Alten glaubten. Vielmehr lässt die quantenmechanische Beschreibung der Welt völlig unterschiedliche Entwicklungen der Zukunft zu. Ein Eingriff von außen könnte unter Umständen nicht einmal detektiert werden, also jeder menschenmöglichen Messgenauigkeit entgehen. Das Universum wird daher von der Mehrzahl der Wissenschaftler als kausal offenes System angesehen. Der Zufall löst die Vorherbestimmtheit ab.
Zufall ist natürlich noch kein aktiv handelnder Gott. Aber naturwissenschaftlich kann man zufälliges Geschehen nur sehr bedingt von willentlich gesteuertem Geschehen unterscheiden. Die Anzahl der Autos, die unter einer Autobahnbrücke hindurchfahren, erscheint zufällig. Und doch steckt hinter jedem Auto ein absichtsvoller Fahrer.
Doch um an Wunder zu glauben, brauchen wir die Quantenmechanik gar nicht. Denn Gott muss gar keine Naturgesetze brechen, um in die Welt einzugreifen. Wenn ich einen Stift zu Boden fallen lasse, kann ich genau berechnen, wann und wie schnell der Stift am Boden auftrifft. Doch weil es ein teurer Stift ist, entscheide ich mich, ihn aufzufangen. Meine Berechnung war also falsch. Habe ich damit Naturgesetze gebrochen? Keineswegs. Ich habe lediglich willentlich eine neue Kraft eingeführt, welche den Fall des Stiftes gestoppt hat.
Was sollte den Schöpfer des Universums also hindern, in sein Universum einzugreifen und eine Kraft auszuüben, um Jesus auf der Wasseroberfläche zu halten? Oder erneut C. S. Lewis: „Wenn Gott im Körper einer Jungfrau ein wundersames Spermatozoon schafft, dann macht sich das nicht daran, irgendwelche Gesetze zu brechen. Die Gesetze übernehmen es sogleich. Die Natur ist bereit. Allen normalen Gesetzen entsprechend folgt eine Schwangerschaft, und neun Monate später wird ein Kind geboren.“15 Grundsätzlich gilt: Die Existenz eines Schöpfers des Universums können wir nicht a priori ausschließen. Es ist gerade diese Frage, die uns Menschen interessiert: Ist das Universum alles, was existiert, oder gibt es einen Schöpfer? (siehe Einwand 1, 5, 7, 11 u. 45)
Die zu prüfende Frage lautet also – zumindest dann, wenn wir die Existenz Gottes als nicht unmöglich betrachten: Gibt es gute Gründe dafür, ein bestimmtes Ereignis tatsächlich als ein Wunder, ein Eingreifen Gottes, anzusehen? Wesentlich ist die Denkvoraussetzung: Wer nicht an Wunder glauben will und Gott kategorisch ausschließt, wird natürlich immer eine rein natürliche Erklärung anzuführen versuchen. Aber die Frage bleibt, ob diese Erklärung tatsächlich wahr oder einfach nureinemögliche Rekonstruktion ist. Das für die Wahrheit des Christentums entscheidende Wunder ist die Auferstehung Jesu. Könnte es sein, dass die leibliche Auferstehung tatsächlich die plausibelste Erklärung der Ostergeschehnisse ist? (siehe Einwand 23)
(Alexander Fink)
Einwand 7:
Die riesige Größe des größtenteils lebensfeindlichen Universums spricht gegen die Exi