1. KAPITEL
„Natürlich wusste ich, dass es niemals von Bestand sein würde.“
Die Worte ließen Georgie erstarren, denn ohne Vorwarnung wurde sie in die Zeit vor vier Jahren zurückkatapultiert.
Für die meisten Menschen war es der Sommer mit einer unglaublichen Hitzewelle gewesen, als das sonst so kühle, nasse Großbritannien über Wochen hinweg unter tropischen Temperaturen gelitten hatte. Für Georgie war es der Sommer, der ihr Leben veränderte.
Sie war gerade mal einundzwanzig, eine typische Studentin, die ihre Semesterferien genoss, ehe das letzte Studienjahr begann. Ihre einzigen Pläne waren, die Lehrerinnenlaufbahn einzuschlagen und für ein Auto zu sparen.
Doch knapp drei Monate später stand sie mit einem Mann vor dem Traualtar, den sie seit kaum vier Wochen kannte.
Und ja, ihre Großmutterhatte ihr gesagt, dass es niemals von Bestand sein würde, was allerdings keine große Leistung war. Es gab nämlich buchstäblich niemanden, der die Hochzeit für eine gute Idee hielt.
Georgie konnten die düsteren Vorhersagen damals jedoch nichts anhaben. Sie schwebte förmlich auf Wolken und lächelte während der ganzen Zeremonie glücklich. Wenn überhaupt, so hatte die allgemeine Ablehnung lediglich ihre eigene Entschlossenheit gestärkt und alles noch viel romantischer wirken lassen.
Ihre Lippen verzogen sich zu einer bitteren Grimasse, während sie an die idyllische Zukunft dachte, die sie an jenem Tag vor sich gesehen hatte.
„Mummy …!“
Georgie schob die unwillkommenen Erinnerungen beiseite und wandte sich dem kleinen Jungen zu, der ihr mit seinem Händchen einen Schatz entgegenhielt, den sie bewundern sollte.
Nicht alles in ihrer verhängnisvollen Ehe war negativ gewesen. Sie hatte Nicky, ihr Baby. Nicht, dass er noch länger als Baby bezeichnet werden kann, dachte sie amüsiert, während sie in angemessen begeisterte Ausrufe verfiel.
Als Nicky sich wieder seinem Spiel widmete – er war ein außerordentlich zufriedenes und sonniges Kind –, schlug Georgie die Sandalen, die sie getragen hatte, laut gegen den schmiedeeisernen Tisch auf der Veranda.
Was allerdings nicht den gewünschten Effekt erzielte. Die beiden Frauen im Innern des Hauses waren derart in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie Georgies Anwesenheit gar nicht bemerkten.
„Waren sie lange zusammen?“ Georgie erkannte den Yorkshire-Akzent von Ruth Simmons, einer pensionierten Schuldirektorin, die das Cottage neben ihnen für den Sommer gemietet hatte.
„Sechs Monate.“
Die Art, wie ihre Großmutter das sagte, ließ es nach einer Gefängnisstrafe klingen.
„Glauben Sie, dass es eine Chance zur Versöhnung gibt?“, fragte die andere Frau vorsichtig. „Vielleicht wenn sie sich mehr Zeit gegeben hätten … sich ein wenig stärker bemüht hätten …?“
„Sich stärker bemüht hätten … welchen Sinn hätte das haben sollen?“
Georgie lehnte den Kopf gegen den Türrahmen und strich mit dem Daumen über die abblätternde Farbe.
Sie war nur äußerst selten einer Meinung mit ihrer Großmutter, aber in diesem Fall stimmte sie ihr voll zu. Sie hätte sich ihr halbes Leben darum bemühen können, das zu sein, was Angolos wollte, und hätte es doch nie geschafft.
Allerdings war nicht sie diejenige gewesen, die die Konsequenzen gezogen hatte. Angolos hatte ihrer Ehe den Todesstoß versetzt – mit brutaler Endgültigkeit. Aber schließlich machte er nie halbe Sachen, und er war auch nicht sentimental.
„Sie hätten es bis zum Tag des Jüngsten Gerichts weiter versuchen können“, fuhr ihre Großmutter Ann unbeirrt fort, „und das Ergebnis wäre immer noch dass