In Europa und speziell in Deutschland hat nach dem Zweiten Weltkrieg ein nie da gewesenes Job- und Wirtschaftswunder stattgefunden. Jobs waren sicher, die Wirtschaft wuchs, und Lebensmodelle konnten langfristig gedacht werden. Aber den sicher geglaubten, lebenslang ausgeübten Job gibt es so kaum mehr.
Wer in den 1960er-Jahren seine Ausbildung im Hertie-Kaufhaus seines Ortes, bei Karstadt oder der Lufthansa begonnen hat, dessen Laufbahn war meistens vorgezeichnet. Er wurde übernommen, vielleicht befördert und hat maximal in seinem Berufsfeld noch einmal die Abteilung gewechselt. Die Vorstellung, dann irgendwann als Filialleiter in den Ruhestand zu gehen und seine Meriten zu feiern, war Ausdruck dieser tief empfundenen und gesellschaftlich verwurzelten Überzeugung von Sicherheit.
Doch die Sicherheit des Angestelltendaseins kann auch völlig anders betrachtet werden:
Von einer Einkommensquelle abhängig zu sein ist gefährlich!
Diese Umkehrung hat einen seltsamen Effekt, und Menschen sperren sich unwillkürlich gegen diese Aussage, denn in den meisten Köpfen ist es heute noch tief eingegraben, dass »Unsicherheit« und »Angestelltenverhältnis« ein Paradoxon sind.
Das fängt an, wenn ein Erwerbstätiger zu seiner Hausbank geht und dort verkündet, ein Reihenendhaus kaufen zu wollen und dafür einen Kredit zu benötigen.
Eine unbefristete Festanstellung ist da ein Vorteil. Selbstständige träumen oft von dieser Selbstverständlichkeit, sie müssen womöglich deutlich mehr Eigenkapital mitbringen, um etwa die Seriosität der eigenen Einkommensverhältnisse nachzuweisen.
Das ist keine Willkür der Bank, sondern dem Umstand geschuldet, dass Selbstständige und Unternehmer, auch wenn sie derzeit ein gutes Einkommen verbuchen, schon morgen nichts mehr verdienen oder gar Geld verlieren und so schnell in Schwierigkeiten geraten könnten, die Kredite zu bedienen.
Banken haben leistungsfähige Systeme wie »Basel III«, um ein sogenanntes »Rating« für die Kreditwürdigkeit eines Kunden zu errechnen; aber die Art zu denken trägt sich eben auch ein Stück weit in die verbreiteten Überzeugungen der Gesellschaft hinein. Risiken werden bei einem eigenen Business höher bewertet, als wenn man die Verantwortung für die eigene Kreditfähigkeit an einen Arbeitgeber abgibt.
Das aber ist längst eine Verklärung der Verhältnisse: Aushängeschilder der deutschen Wirtschaft wie die Lufthansa, Gründungsmitglied des DAX, Ikone des Wirtschaftswunders nach dem Krieg und Vehikel für die Träume von Millionen von Deutschen, die es geschafft hatten, in ferne Länder zu reisen, ist wegen anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten aus dem DAX abgestiegen.
Vielleicht ist die Zeit der sicheren Angestelltenverhältnisse auch in Deutschland längst im Ausklingen, während anderswo auf der Welt »Hire& Fire« immer schon Bestandteil einer lebendigen Unternehmenskultur war, so insbesondere in den USA.
Übrigens liegt der Niedergang so mancher als sicher angesehenen Konzerne auch an mangelnden Ideen dieser Unternehmen. Das, was sie dereinst groß gemacht hat, beispielsweise Ideen zu haben, Trends zu erkennen oder gar zu setzen, Innovationskraft und Wissen der Mitarbeiter zu nutzen und in die Umsetzung zu bringen, das fällt ihnen als Mechanismus zunehmend schwer.